Mit der neuen E-Klasse feiert auch ein neuer Vollaluminium-Diesel-Vierzylinder seine Weltpremiere. Technisch ist dies für Mercedes-Benz ein Neuanfang, denn der neue Motor des E 220d markiert den Neustart einer Motorenfamilie für Längs- und Quereinbau in Modellen mit Front-, Heck- und Allradantrieb. Hauptziel des neuen OM 654 ist weniger Verbrauch bei mehr Leistung in kompakterer Bauweise.
Der neue Mercedes-Benz E 220d verfügt als erstes Modell über den neuen OM 654 Dieselmotor. Dabei stehen in der E-Klasse gegenüber dem direkten Vorgänger Motor 13 Prozent weniger Verbrauch bei erhöhter Leistung von 125 kW (170 PS) auf 143 kW (195 PS). Der OM 654 ist der erste Vierzylinder-Diesel aus Stuttgart in Vollaluminium-Bauweise, ferner verfügen die Zylinder über eine Nanoslide-Beschichtung und über Stahlkolben mit Stufenmulden, sowie längeren Pleuel. Um den Motor baureihenübergreifend besser nutzen zu können, ist die Abgasreinigungstechnologie nun direkt am Motor angebracht. Hinzu kommt das reduzierte Gewicht von 168,4 Kilogramm gegenüber dem 202,8 Kilogramm schweren Vorgänger. Dieser hatte mit 2,15 Liter auch noch etwas mehr Hubraum als der neue Zwei-Liter-Dieselmotor. Darüber hinaus soll der OM 654 über ein niedriges Geräuschniveau verfügen und die Schwingungen deutlich reduziert worden sein.
Reale Verbrauchswerte statt NEFZ für den OM 654
Die oft diskutierten und nicht erreichbaren Normverbrauchswerte laut NEFZ-Messzyklus treffen laut der Daimler AG nicht auf den OM 654 zu. Denn der neue Motor orientiert sich bereits an den künftigen Emissionsgesetzgebung (Real Driving Emissions) beziehungsweise dem neuen WLTP-Zyklus (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure). Dabei ist man in der Aussage noch immer vorsichtig und beschreibt die ermittelnden Werte als „nahe beieinander liegend“ im Vergleich zu den Realwerten. Alleine durch die motornahe Abgasnachbehandlung sollen sich Vorteile insbesondere bei Kurzstrecken ergeben. Geringe Wärmeverluste und optimale Arbeitsbedingungen für den Motor sind die Folge der neuen Entwicklung. Unterstützt durch Isolationsmaßnahmen und weiterentwickelte Katalysatorbeschichtungen kann ein motorseitiges Temperaturmanagement im Kaltstart- und Niedriglastbetrieb vollständig entfallen.
„Der neue Motor verfügt über eine Mehrwege-Abgasrückführung (AGR). Sie kombiniert die gekühlte Hochdruck- und Niederdruck-AGR. So können bereits die Rohemissionen des Motors im gesamten Kennfeld bei verbrauchsoptimaler Lage des Verbrennungsschwerpunkts deutlich weiter abgesenkt werden.“ – Daimler AG
Die Abgase im OM 654 nehmen den Weg durch den Abgasturbolader gefolgt vom Diesel-Oxidations-Katalysator und dem Fallstrommischer. Dort wiederum wird die AdBlue Flüssigkeit beigemischt und auf kürzestem Weg mit dem Abgasstrom verdampft, um sich gleichmäßig auf der Oberfläche des sDPF (Partikelfilter mit Beschichtung zur Verminderung von Stickoxiden) zu verteilen. Dahinter folgt als letzter Schritt der SCR-Katalysator zur weiteren Reduktion der Stickoxide, bevor die gereinigten Abgase aus der Auspuffanlage entweichen.
Technische Daten OM 654 gegen Vorgänger OM 651
Motor
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220 d OM 654
|
220 d Vorgänger OM 651
|
|
Zylinderzahl/Anordnung
|
4/Reihe
|
||
Ventile pro Zylinder
|
4
|
||
Hubraum pro Zylinder
|
cm³
|
487,5
|
537
|
Hubraum
|
cm³
|
1950
|
2143
|
Zylinderabstand
|
mm
|
90
|
94
|
Bohrung
|
mm
|
82
|
83
|
Hub
|
mm
|
92,3
|
99
|
Hub/Bohrung
|
1,12
|
1,193
|
|
Pleuellänge
|
mm
|
140
|
144
|
Nennleistung
|
kW/PS
|
143/195
|
125/170
|
bei
|
1/min
|
3800
|
3000-4200
|
Max. Drehmoment
|
Nm
|
400
|
400
|
bei
|
1/min
|
1600-2400
|
1400-2800
|
Spezifische Leistung
|
kW/l
|
72
|
58,3
|
Verdichtung
|
1:
|
15,5
|
16,2
|
Abgasnorm
|
EU6
|
EU6
|
|
Motorgewicht (DIN)
|
kg
|
168
|
199
|
Der Vorgänger OM 651 wird seit 2008 gebaut und dabei auch bisher am meisten in die Mercedes-Benz Modelle verbaut. Von der A- bis S-Klasse, sogar in der V-Klasse und im Sprinter-Bereich wird der alte Diesel-Vierzylinder eingesetzt. Durch die Verbesserungen und die Neuentwicklung am OM 654 kann durch den Austausch einzelner Module der Motor in verschiedene Modelle eingebaut werden, ohne das ein völlig neues Aggregat entwickelt werden muss.
Der neue Vierzylinder-Dieselmotor ist nicht nur leichter, sondern auch flacher als sein Vorgänger. Durch die kompakte und flache Bauweise, kann der Motor im E 220d sehr tief eingebaut werden. Dies gelingt unter anderem dadurch, dass die Ausgleichswellen nicht unterhalb, sondern seitlich der Kurbelwelle angeordnet sind. Zusätzlicher Bauraum auf der rechten Fahrzeugseite wurde durch die Schränkung des Triebwerks geschaffen: Die senkrechte Achse der Zylinder ist gegenüber der Kurbelwellenmitte um zwölf Millimeter nach links Richtung Einlassseite versetzt. Dies führt außerdem zu verminderter Reibung der Kolben in der Zylinderlaufbahn.
WLTP-Zyklus im Vergleich zum aktuellen NEFZ
Der NEFZ steht nun schon längerem in der Kritik. Mit dem WLTP-Zyklus ist auch schon ein neues Prüfverfahren in Arbeit. Doch wie genau unterscheiden sich die beiden Messverfahren zur Ermittlung des „Normverbrauchs“? Zu allererst soll der WLTP weltweit ein einheitliches Messverfahren darstellen, da der NEFZ außerhalb von Europa nicht gilt. In erster Linie wird es so für die Hersteller günstiger, da nur noch ein Messverfahren betrieben werden muss, um die Fahrzeuge weltweit zu vertreiben.
Zyklus
|
WLTP
|
NEFZ
|
|
Starttemperatur
|
kalt
|
kalt
|
|
Zykluszeit/Dauer
|
min
|
30
|
20
|
Standzeit Anteil
|
%
|
13
|
25
|
Zykluslänge
|
km
|
23,5
|
11
|
Geschwindigkeit/mittel
|
km/h
|
46,6
|
34
|
Geschwindigkeit/max.
|
km/h
|
131
|
120
|
Antriebsleistung/mittel
|
kW
|
7
|
4
|
Antriebsleistung/max.
|
kW
|
47
|
34
|
Sonderausstattungen des individuellen Modells
|
werden berücksichtigt für Gewicht, Aerodynamik, Rollwiderstand
|
nur Räder & Reifen
|
|
Klimatisierung
|
nein
|
nein
|
|
Testtemperatur
|
°C
|
23
|
25 +/- 5
|
Temperatur zusätzlicher EU-Test
|
°C
|
14
|
–
|
Testgewicht
|
Fahrzeuggewicht plus repräsentative Zuladung
|
Schwungmassenklasse
|
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Weitere Änderungen gegenüber NEFZ bei
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Vorkonditionierung, Fahrwiderständen, Plug‑In Hybriden
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Der WLTP-Zyklus ist also näher an den realen Verbrauchswerten orientiert, Abweichungen sind dennoch zu erwarten. Immerhin wird „realer“ gemessen, was im ersten Anlauf wohl die Normverbrauchswerte um ein paar Prozent in die Höhe treiben wird. Weitere Infos lassen sich zudem auf dem mb passion blog finden.
Fotos: Daimler AG
Ein Gedanke zu „Neuer Vierzylinder-Diesel OM 654 der Mercedes-Benz E-Klasse im Detail“
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