Die Politik drängt auf Elektroautos und will Diesel- sowie Benzinfahrzeuge verbannen. Doch sind wir heute überhaupt schon bereit für die Elektromobilität. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, gibt es doch wohl nichts besseres als das beliebteste Elektroauto schlechthin: der Nissan Leaf.
So günstig wie „damals“ ist der Nissan Leaf heute auch nicht mehr
Jetzt wird der ein oder andere sagen, Nissan Leaf und beliebt? Da kommt doch der Tesla sicherlich zuerst. Mag sein, dass Tesla inzwischen aufholt, doch den Nissan Leaf gibt es schon seit 2010, während das Model S erst seit 2012 an Kunden ausgeliefert wird. Der Einstieg in den Nissan Leaf ist zudem weitaus attraktiver. Wobei nun auch Nissan mit dem Modelljahr 2019 die Preise weiter angezogen hat. Im einzelnen vielleicht gar nicht einmal so stark, allerdings hat man das Basis-Modell aus dem Lineup entfernt. Wodurch der Startpreis nicht mehr bei knapp 31.000, sondern nun bei 36.800 Euro liegt. Unser Testwagen kommt mit allen Extras auf 42.050 Euro. Die in homöopathischen Mengen verfügbare „Plus-Variante“ mit der größeren 62 kWh Batterie legt erst bei 44.700 Euro los. Ein Preispunkt zudem die Konkurrenz extrem groß geworden ist, nicht zuletzt etwa mit dem Tesla Model 3.
Wie weit kommt man mit dem Nissan Leaf im Alltag?
In einfacher Form verfügt der Nissan Leaf somit über eine 40 kWh Batterie mit einem 110 kW starken E-Antrieb. In Summe verspricht Nissan laut WLTP-Messung bis zu 389 Kilometer im städtischen Umfeld und 270 Kilometer im kombinierten Zyklus. Die rein städtische Reichweite ist durchaus realistisch mit rund 380 Kilometer im Test. Im Alltag muss man sich aber auf weitaus weniger einstellen, wenn auch Autobahn-Abschnitte eine Rolle spielen. Mit Müh und Not kommt man dann noch auf 250 Kilometer Reichweite. Was im Vergleich zum Vorgänger mit 30 kWh Batterie gerade einmal ein Gewinn von 15 Kilometer bedeutet. Mehr zum Thema Reichweite und Verbrauch auch in unserem Video-Fahrbericht.
Video-Fahrbericht Nissan Leaf (40 kWh)
Problem Nummer 1: die (fehlende) Infrastruktur
Dabei reicht die Leistung des Nissan Leaf völlig aus. Auch die Reichweite würde ausreichen, wenn die Infrastruktur gut ausgebaut wäre. Dies hängt, wie so oft, aber auch von regionalen Anbietern ab. So kommt man in NRW weitestgehend mit Innogy gut voran, beispielsweise in Düsseldorf werden die Ladesäulen vom lokalen Stadt-Anbieter versorgt, der in keinem Karten-Konsortium mit an Board ist. So kann die Rückreise durchaus spannend werden, etwa mit Verzicht auf Heizung oder andere Komfort-Features.
Problem Nummer 2: der japanische Schnellladeanschluss
Das Hauptproblem des Nissan Leaf ist nach wie vor der Stecker in der Nase. Aufladen per CHAdeMo mit 50 kW. In Japan ein gängiger Standard, in Europa eher weniger. Zudem fehlt dem Nissan Leaf eine aktive Kühlung für den Lade-Vorgang. So wird stattdessen die Ladeleistung gedrosselt, sodass die Batterie nicht zu kochen beginnt. In Realität bedeutet dies deutlich längere Standpausen als von Nissan versprochen. Sollte keine CHAdeMo Säule in Sicht sein und nur die bei uns deutlich gängigeren 22 kW Ladesäulen, dann kann es richtig lange dauern. Auch hierzu haben wir im Video ein paar Werte dargestellt. Da der Nissan nur mit 6,6 kW AC-Laden kann, erklärt sich selbst, das dieser Ladevorgang deutlich länger dauert.
Elektromobilität geht schon heute, aber garantiert nicht für jeden!
Sind „wir“ also bereit für die E-Mobilität? Es wird mit der Infrastruktur immer besser, doch im Alltagstest wird schnell klar, man muss mit deutlichen Einschränkungen rechnen. Der Nissan Leaf eignet sich daher definitiv nicht für jeden, wohl aber für jene die Zeit haben und nur gelegentlich über die Autobahn müssen.
Text/Fotos: Fabian Meßner