Es zeugt von hoher Automobilbau-Kunst aus einem Luxus-Liner wie der Mercedes-Benz S-Klasse ein elegantes, sportliches und doch wohliges Coupé anzufertigen, welches den Fahrer und nicht den Passagier in den Fokus nimmt. Auf fünf Meter Länge fährt Stuttgart im Mercedes-Benz S500 Coupé alles an Design-Höhepunkten bis hin zur genüsslichen Fortbewegung auf, was sich heutzutage darstellen lässt. Wo keine Konkurrenz, da nur ein Gewinner.
Klar hat der VW Konzern seinen Bentley, die BMW Group seinen Rolls-Royce, doch keiner will sich scheinbar direkt mit dem Luxus-Coupé aus Stuttgart messen. Versuche anderer deutschen Premium-Hersteller sucht man vergebens, die bleiben vorerst bei den Limousinen. Die verwirrten Blicke geben den anderen Recht, denn ein S-Klasse Coupé scheint etwa so häufig, wie ein Sechser im Lotto. Wäre der Stern nicht drauf, würden viele ihrem Nachbarn wohl später von einem Fabelwesen auf Rädern erzählen.
Dabei habe ich mich schon in die erste Studie des neuen Luxus-Coupé aus Stuttgart verguckt. Der CL war nie mein Fall, viel zu klobig und irgendwie in der Zeit stehen geblieben, ähnlich wie die meisten Besitzer. Das S Class Coupe Concept, enthüllt auf der IAA 2013, zeigte schon damals den neuen Mut aus der Designschmiede. Und prompt ein Volltreffer auf der ansonsten langweiligen Messe in Frankfurt. Kaum ein Jahr später schien es, als hätte man nur noch die Nummernschilder an das Concept Car dran geschraubt und beim Händler platziert. Endlich mal ein Serienfahrzeug, das seiner Studie nahe steht. Nur die Schnauze musste noch den Crash-Vorschriften angepasst werden, et voila.
Der kleinste Motor, ein 4,7-Liter V8 Biturbo (M278) mit nur wenig akustischen Zugaben, perfekt für den Gentleman, der auf das protzige Rotzen und Fauchen des AMG-Motors verzichten kann. Sattes Blubbern untermalt die Fahrt, da will ich gar nicht mit 250 km/h Vollgas über die Autobahn fliegen, nein, ich möchte mich genau zwischen zwei und dreitausend Umdrehungen pro Minute bewegen. Die Airmatic mag im S500 4Matic (Allradantrieb) nicht den Boden nach Löchern absuchen und diese „ausdämpfen“, doch sie bettet die vier Passagiere dem Preis von über 160.000 Euro angemessen.
Das heißt, das die hinteren Mitfahrer von der Umwelt ohnehin abgeschnitten sind und von der Burmester-Anlage beschallt werden, während die Passagiere sich vorne massieren lassen dürfen, unterdessen erledigt das Coupé den Rest. Für eine effektvolle Massage sollte man übrigens 100 Kilogramm und mehr auf die Waage bringen, da die Sofa-ähnliche Garnitur sonst nicht komplett ausgefüllt wird. Das Ankommen wird zur Nebensache – ohnehin übernimmt der Autopilot (offiziell Stop&Go Pilot genannt) die lästige Arbeit im Stau und man könnte sich auf angenehmere Dinge, wie den TV Tuner konzentrieren. Doch nur der Beifahrer kann durch den optisch zweigeteilten Bildschirm sich am visuellen Tanz erfreuen.
Abseits des nervigen Stop&Go-Verkehrs belohnt das S-Coupé mit unaufgeregter Schnelligkeit. Wo der Sportwagen den Motor aufheulen lässt, das Heck leicht wird und die Passagiere sich in die Sitze krallen müssen, fährt das Luxus-Coupé kaum langsamer und hält die Waage. Die Karossiere schwebt, wie von Zauberhand getragen, durch die Kurven, ohne das die zwei Tonnen schwere Designschöpfung auch nur den Anschein von Unruhe aufkommen lässt. Auto fahren auf hohem Niveau ohne hohen körperlichen Aufwand.
Bis alle 24 Lautsprecher der fast 7.500 Euro teuren Burmester 3D-High-End-Anlage gefunden sind kann durchaus ein Tag vergehen. Perfekt in das Design des Innenraums eingebunden treten die Blenden der klangvollen Anlage nicht in den Vordergrund. Edel halten sie sich im Hintergrund auf, bis man die Sound-Konfigurationen durchschaltet. Ein guter Grund die Soundcheck-CD wieder einmal auszupacken, um zu erleben wie sich eine Top-Wertung anhören kann. Alles andere als die volle Punktzahl wäre hier lächerlich. Alleine die Charakteristik, die sich in den Modi Pure, 3D-Sound und 3D-Sourround verstellen lässt, verleitet die feinen Ohrhärchen im Beat mitzuschwingen. Fast schon ein wenig Nervenkitzel löste „Live“ aus, ein Gefühl als säße man in der ersten Reihe und könnte den Künstler berühren.
Und irgendwann nach Stunden der Fahrerei kommst du am Ziel an und niemand fragt wieder „Wann sind wir endlich da?“, sondern „Wann steigen wir endlich wieder ein?“. Fahrdynamisch lassen sich im S-Coupé Kurven so leicht und schnell durchfahren, als hätte man nur ein Auto von halber Größe und Gewicht unter dem Hintern. Zudem hält die Airmatic die Karosse immer in einer waagrechten Position, sodass keiner hin und her schunkelt, wie auf dem Oktoberfest.
Eigentlich dürfte es bei einem Fahrzeug von über 160.000 Euro rein gar nichts zu meckern geben. Mir persönlich ist die Sitzposition für ein Coupé selbst auf niedriger Stufe zu hoch ist, doch das gehört in die Schublade „Jammern auf hohem Niveau“. Ein anderes Problem, dem wohl aber schon bei der nächsten Modellüberarbeitung zu Rande gerückt wird, ist der gar billig wirkende Plastik-Rahmen um die zwei Bildschirme des Tacho bzw. des Infotainment. Tesla kann es doch auch einteilig.
Mercedes-Benz S500 4Matic Coupé
V8-Biturbo (längs) 4.663 cm³
455 PS bei 5.250 – 5.500 U/min
700 Nm bei 1.800 – 3.500 U/min
4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 250 km/h (elektr. Abgeregelt)
Kombinierter Verbrauch 9,9 l/100km (CO2: 232 g/km)
Testverbrauch 10,9 – 14,1 l/100km
Modellgrundpreis 125.961,50 Euro
Testwagenpreis 161.840,00 Euro
Text/Fotos: Fabian Meßner
2 Gedanken zu „Fortbewegung nur anders: Mercedes-Benz S500 4Matic Coupé (C217)“
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