Als Honda die Infos über den neuen, kleinen Vierzylinder-Diesel im Civic veröffentlichte, machte sich bei uns vorerst Skepsis breit. Wieder weniger Verbrauch, super effizient und natürlich trotzdem spritzig. Alles zusammen lässt sich in der Realität für gewöhnlich nie so gut wie beschrieben umsetzen. Die Japaner müssen da ab sofort rausgenommen werden. Sie zeigen ein echt bombiges Aggregat, das in vielen Disziplinen gleichzeitig glänzt.
In Bezug auf das Design mag man über den Honda Civic sagen, was man will. Er ist nicht unbedingt der hübscheste, mehr zweckmäßig als andere in der Kompaktklasse. Alleine die seitlich aufgeklebten Flaps unterhalb der Rückleuchte verdeutlichen den Eindruck: Aerodynamik geht vor Schönheit (Zitat: „Form Follows Function“). So lassen sich im Kleinen viele solcher Details finden. Er ist auch eher schmalbrüstig gebaut, anstatt auf dicke Hose machen zu wollen. Schmale Spur, wenig Angriffsfläche für Luftverwirbelungen, in die Heckklappe integrierter Mini-Spoiler – all das markiert einen Eindruck: Die Luft soll weg und wenn überhaupt, dann nur den Ladeluftkühler mit kalter Frischluft beliefern.
Unter der kurzen Motorhaube schlummert das Wunderwerk der Technik: 1,6-Liter Hubraum aufgeladen von einem Abgasturbolader, der für 120 PS sorgt und ab 2.000 Touren für kräftige 300 Newtonmeter Drehmoment an der Welle verantwortlich ist. Wie sich das anfühlt? Verdammt gut. Kombiniert mit der Sechsgang-Handschaltung, die, wie von Honda bekannt, durch sehr kurze Schaltwege durch die Gassen flutscht, lassen sich 1.440 Kilogramm flott und mühelos bewegen.
Das Werk bzw. der NEFZ-Zyklus gibt den kompakten Japaner dann mit 3,7 Litern im Mix an. Ein eindeutig optimistischer Wert? Von wegen! Bei einer Versuchsfahrt diesem Wert auch nur irgendwie nahe zu kommen, brüstete sich der Bordcomputer mit dem stolzen Wert von 3,8 l/100km. Wahrlich benötigt es dazu Nerven aus Drahtseilen, doch auch ohne weiter darauf zu achten genügen realistische 4,2 Liter um vorwärts zu kommen. Maximal war es mir möglich 6,5 Liter in hunderter Schritten zu verbrennen – die klassische Stop&Go- Autobahnfahrt. Ein Misch-Masch aus Stau, Baustellen und Vollgasfahrten, die gerne von unachtsamen Autofahrern ausgebremst wurden. Die strikte Durchsetzung eines Designs dessen (fast) einzige Funktion aerodynamisch ist, zahlt sich aus. So sparsam konnte ich lange keine 450 Kilometer mehr zurücklegen.
Suehiro Hasshi, Large Project Leader for Civic 1.6-litre i-DTEC: “Our motivation has been to make many small detail improvements that, together, make a major difference. That is the challenge and the beauty of the Earth Dreams Technology philosophy.”
Um den Civic perfekt auf das sparsame 1,6-Liter-Aggregat abzustimmen und ebenso effizient zu machen, wie er schlussendlich ist, wurden lediglich Aerodynamik und die Aufhängung dezent angeglichen. Dabei sollte keinesfalls der Fahrkomfort verloren gehen, nur eben die Symbiose zu 100% ausgenutzt werden, um das volle Potential auszuschöpfen. Keine Kompromisse. Ein großes Problem der Dieselmotoren sind noch immer die hohen Reibwiderstände. Diese wurden mit dem neuen Aggregat beispielsweise bei 1.500 Umdrehungen um 40% reduziert (im Vergleich zum 2,2 i-DTEC). Dies gelang durch einen kürzeren sowie dünneren Kolbenschaft. Darüber hinaus wurden dem Motor noch leichtere Kolben sowie Pleuel spendiert. Alles ist rundum leichtlauforientiert, um möglichst wenig mechanische Reibung innerhalb des Motors zu haben.
Dabei passt bei dem Civic auch gut was hinten rein. Mit 467 Litern Kofferraumvolumen ist er weit vor der Konkurrenz. Nach einem Einkauf befällt einen direkt das Gefühl „irgendetwas habe ich doch sicherlich vergessen“. Trotz der Hatchback-Form schluckt der Kompakte einiges an Gepäck weg. Der Komfort bzw. die Beinfreiheit auf der Rückbank leidet darunter auch nicht wirklich.
Auf längeren Fahrten lässt man sich angenehm von einer vertretbar guten Soundanlage beschallen, die insbesondere bei der Wiedergabe über Smartphones schon bei niedrigen Lautstärken glänzen kann. Etwas umfangreichere Einstellmöglichkeiten wären wünschenswert. Dafür gibt es eine ganze Menge von verschiedenen Wiedergabe-Möglichkeiten, darunter auch DAB. Leider ist es von kurzzeitigen Aussetzern betroffen – was bei DAB noch immer der überwiegende Fall ist. Gut, dass es eine USB-Schnittstelle gibt, über die sich auch die verbaute Festplatte füttern lässt. Neben den geläufigen Smartphones werden auch USB-Sticks (im Format „FAT“) erkannt und wiedergegeben. Allgemein ist die Bedienung sehr kniffelig. Selbst der Werkstattleiter bei Honda gab zu: „Wenn man nicht tagtäglich damit zu tun hat, ja, dann braucht es wohl doch einer kurzen Einweisung“, die darauf erfolgte. Doch auch nach zwei Wochen, habe ich den Weg durch das Infotainment-System nicht immer ohne Probleme gefunden. Zum Beispiel ist es mir weiterhin ein Rätsel, wie die Bluetooth-Verbindung funktioniert. Ansonsten ist die Bedienung zumindest weitestgehend selbsterklärend. Das Lenkrad wirft auch wenig Fragen auf. Es lenkt, bedient den Tempomat und auch das Radio. Kniffeliger wird es dann wieder um das Kombiinstrument. Schnell die üblichen Werte wie Restreichweite, Durchschnittsverbrauch oder den aktuellen Verbrauch checken, ist nicht drin. Alles kann nur einzeln angezeigt werden und muss mühsam „durchgedrückt“ werden. Da verbaut Honda schon so einen riesiges Bedienteil quer durch das Armaturenbrett und doch bietet es wenig Infos.
Zusammengefasst ist der Honda Civic ein Auto, welches nicht jeder Berufsgruppe gefallen kann und dies auch gar nicht will. Optisch trennt er die Gemüter in das Klischee „entweder man hasst ihn oder man liebt ihn“ – es gibt nichts dazwischen. Vom Äußerlichen wäre er daher auch nicht meine erste Wahl. Der Motor schafft es aber fast, diesen Standpunkt zu drehen, denn dieses Triebwerk hält, was das Marketing hiermit verspricht: „[…] vereint eine hohe Leistung (120 PS, 300 Nm Drehmoment) mit einem CO2-Ausstoß von nur 94 g/km und bietet damit ein beeindruckendes Verhältnis von Kraftentfaltung und Wirtschaftlichkeit.“
Noch mehr zum Spar-Diesel im Honda Civic bei Mein Auto Blog.
Honda Civic 1.6 i-DTEC Lifestyle
Reihenvierzylinder (quer) 1.597 cm³ (Abgasturbolader)
120 PS bei 4.000 U/min
300 Nm bei 2.000 U/min
10,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 207 km/h
Kombinierter Verbrauch 3,7 l/100km
Testverbrauch 4,2 – 6,5 l/100km
Modellgrundpreis 20.450,00 Euro
Testwagenpreis 29.440,00 Euro
Text: Fabian Meßner
Fotos: Larissa Rutkowski, Fabian Meßner
2 Gedanken zu „Japanischer Öko-Wahnsinn: Honda Civic 1.6 i-DTEC Lifestyle“
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