Schneller Langläufer: Porsche 911 Carrera 4S im Kurzfahrbericht

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Regen. Allrad. Von drei in zwei. Voll ausdrehen. Bis 8000! Hinten rechts, das Rad dreht durch. Klack. Der Dritte Gang. 145 und weiter geht’s! Mit Energieeffizienzklasse G ist der Porsche 911 (991) Carrera 4S ein Dorn im Auge des grünen Ministerpräsidenten, für mich gibt es feuchte Augen, aber keinesfalls feuchte Hände. Eine kleine Ausfahrt mit dem 3,8-Liter-Boxer!

Warum feuchte Augen? Naja, wer will nicht mal einem Porsche die Sporen geben, wenn auch für viele das „Drinsitzen“ ausreichen würde, muss so ein Gefährt gefahren werden. Im Idealfall auf der Rennstrecke, ansonsten auf dem legalen Pendant: der deutschen Autobahn gemischt mit ein zwei ländlichen Abschnitten. Aber die Lenkinstrumente bleiben trocken, warum denn das? Auch wenn der 11er die Institution des sportlichen Fahrens gepaart mit der Alltagstauglichkeit ist, fehlt ihm die Härte, die Gefahr den Fahrer bei einem falschen Befehl direkt ins Jenseits zu stürzen. Da muss der Griff im Porsche Regal etwas weiter nach oben gehen, wenn GT2 und GT3 nachsteht, dann ist man in der gefährlichen Abteilung angekommen.

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Der Klassiker in der Allradvariante hat keine Frage auch seine schönen Seiten. Die liegen ganz klar im Design, hier schwört Porsche nach wie vor auf Evolution anstatt Revolution. Zeitlos. Perfekt. Unerreicht. Die ersten Meter mit dem breiten Gesäß rückwärts zu absolvieren sind gar nicht so einfach, erstaunlicherweise ist die Umsicht nach hinten besser als gedacht. Um nicht zu sagen, besser als in jedem SUV oder Stadtauto. Nach vorne schiebt der 3,8-Liter-Boxer in jedem Gang des PDK als gäbe es kein Morgen. Wehe dem, der noch die Sport Plus-Taste betätigt. Klappe auf, die vierflutige Abgasanlage schreit noch lauter als zuvor. Im Bereich ab 7.200 U/min singt sie mir persönlich zu stark, lange macht das kein Beifahrer mit. Die Gasannahme ist in Millisekunden kaum noch messbar, das rechte Pedal reagiert schon förmlich auf Luftdruck des sich annähernden Fußes und schiebt die 1,4 Tonnen Trockengewicht vorwärts.

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Die Gangwechsel im nochmals optimierten Doppelkupplungsgetriebe sind blitzschnell, den Befehl an der Wippe nicht einmal richtig umgesetzt, schon sitzt der nächste Gang und wird weiter ausgedreht. Auch ohne Sport Plus-Taste ist der Sound von Motor und Abgasanlage traumhaft, wird die sportliche Abstimmung, die sich auch auf das Fahrwerk auswirkt, aktiviert wird alles ein bisschen intensiver. Dass dabei auch keiner umkommt, dafür sorgt die 6-Kolben-Aluminium-Monobloc-Festsattelbremse vorne, die 340 mm großen Pizzateller packen mal richtig ordentlich zu. Da war die anschließende Fahrt in einem auf die Strecke abgestimmten Cayman R (987) gar enttäuschend. Bei halb gedrücktem Bremspedal stellt sich eine Verzögerung ein, die sich preiswerte Sportwagen bei einer Vollbremsung nur wünschen könnten.

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Das dabei auch etwas mehr Super Plus durch die Sechszylinder verbrannt wird, ist verkraftbar, schließlich will der Zuffenhausener auch mal seinen verdienten Auslauf. Laut Werk ist ein kombinierter Verbrauch von 9,1 Litern drin. Klar, dass das bei einem 400 PS starken Sportwagen kein Richtwert sein muss, die 14,3 Liter/100km im Schnitt waren trotzdem eine große Überraschung, mit der ich nicht wirklich gerechnet hatte. Auf über 450 Kilometer Fahrt war nicht immer der spaßige, deutlich zu hörende Sport Plus Modus aktiv, dennoch bei 180 km/h Reisegeschwindigkeit und mehr hätte ich mit einem höheren Verbrauch gerechnet. Von wegen schlechteste Effizienzklasse. Ganz nebenbei bemerkt ist der siebte Gang bei knapp 3.000 U/min und eben knappen 180 km/h die perfekte Gangart im 911er zu Reisen. Wenn nun nicht gerade die Sport Plus-Taste gedrückt wird, das PDK zurück in den dritten Gang schaltet um wieder auf Drehzahl zu kommen, um Leistung satt zur Verfügung zu haben, kann man sich hier auch nett mit dem oder der Beifahrerin unterhalten.

Da stellte sich auch immer wieder die Frage: Kann das legal sein?

§ 49 Geräuschentwicklung und Schalldämpferanlage (1)    Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger müssen so beschaffen sein, dass die Geräuschentwicklung das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt.

Was Porsche mit der Klappensteuerung im C4S verbaut hat, schreit und brüllt offen jenseits der 130dB(A). Und der TÜV? Das geht schon in Ordnung, ist doch ein Porsche. Ist doch irgendwie auch nur Haarspalterei. Das absolute Sahnestückchen im Carrera 4S ist dann doch das PASM. Dahinter versteckt sich nichts Geringeres als das Bilstein B16 DampTronic. Nicht nur lässt sich das Fahrkwerk so in der Härte der Dämpfer aktiv verstellen, noch dazu regelt es kontinuierlich die Karosserie-Lage wie ein Nivellier(-gerät). Kurzum gesagt, liegt die Karosserie immer „im Wasser“.

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Ein ganz neues Fahrgefühl, dass insbesondere in „Sport Plus“ und mit aktivem Sport-Fahrwerk so schnell von wohl nichts auf der Welt vom Thron der Fahrdynamik gestoßen werden kann. Bis es aber für die 144.431,10 Euro des Limegoldmetallic Porsche ausreicht, werden noch einige Tage, Monate und wohl auch Jahre vorbeiziehen.

Porsche 911 Carrera 4S

Heck-Boxermotor 3.800 cm³
400 PS bei 7.400 U/min
440 Nm bei 5.600 U/min
4,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h (Sport+)
VMax 297 km/h
Kombinierter Verbrauch 9,1 l/100km
Testverbrauch 14,3 l/100km
Modellgrundpreis 112.313 Euro
Testwagenpreis 144.431,10 Euro

Text: Fabian Meßner

Fotos: Fabian Meßner (aufgrund der zeitlichen Umstände nur Smartphone-Bilder)