Neulich gefahren: Neue Mercedes-Benz V-Klasse 250 Bluetec

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Wer viel Platz braucht, der greift gerne auf große Autos zurück. Sei es für die Kids oder auch um wichtige Personen mit ausreichend Beinfreiheit vom Flughafen zum Hotel zu kutschieren. Doch diese Fahrzeuge haben oft den bitteren Beigeschmack, dass sie nicht wirklich gefallen. Klobig, Kastenförmig und so gar nicht einladend. In Stuttgart hat man sich dies zum erklärten Umschwung-Ziel gemacht: durchdacht, durchgestylt und nur mit kleinen Mankos präsentiert sich die neue V-Klasse von Mercedes-Benz.

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Das Design wird vom neuen Markengesicht dominiert. Nur auf die Front reduziert stehen C-, S- und V-Klasse sich näher als je zuvor. Was wiederum betont, dass von einer Großraumlimousine und nicht einem Bus oder gar einem Transporter gesprochen wird. Platz finden hier mindestens dann auch sechs Personen auf ihren ganz eigenen Stühlen, die leider nicht auf der Stelle gedreht werden können, sondern komplett herausgenommen werden müssen und dann wieder eingeklinkt werden können. Oder man lässt sie komplett raus und lädt mal ordentlich ein. Auf 5,14 Meter Länge geht dann auch mehr als nur ein Ikea-Einkauf rein.

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Die markanten Änderungen sind ohne Zweifel im Innen- sowie Außendesign. Kein bloßer Kastenwagen mehr, gar ein wenig emotionales Design, was zunehmend in diesem Segment auch nötig wird. Geschwungene Linien, die in der Front starten und sich über die Seitenwand bis in den Bereich der Rückleuchten ziehen, sind das Zeichen für die neue V-Klasse. Ganz zu schweigen von der Integration der Führungsschiene der seitlichen Türen. Nicht aufgesetzt sondern in die Falte eingefügt, sodass im Design kein Bruch mehr entsteht. Mitunter Innen neu sind auch die Motoren oder besser gesagt, neu ist, dass der beliebte Sechszylinder nun fehlt, aber dazu später mehr.

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Das Business Ambiente, dass für stärkere Verkaufszahlen sowie einen wachsenden Marktanteil in diesem Segment der MPVs sorgen soll, wird vertreten durch das neue Cockpit. Ein Hauch von C-Klasse, der nun durch die V-Klasse schwebt. Nicht ganz so elegant wie in der Mittelklasse-Limousine, dafür ebenso aufgeräumt. Command Online mit dem Touchpad (vgl. Handschmeichler C- und S-Klasse) hebt die V-Klasse auf ein ganz neues Level. Es bedarf noch immer einer lapidaren Eingewöhnung, die bedingt durch die erst kürzlich gefahrene C-Klasse deutlich schneller gelang; dann bietet das System einen großen Umfang an Funktionalität. In diesem Fall aber besonders hervorzuheben ist die Sprachverstärkung nach hinten. Auch wenn die neue gegenüber dem Vorgänger (Viano) um 2% leiser sein soll, so wird es doch an sich auf den hinteren Plätzen immer unverständlicher, was vorne gesprochen wird. Dies lässt sich in vier Stufen, wenn denn gewünscht, nach hinten verstärken – wenn man das Extra-Geld für die empfehlenswerte Burmester Surround-Sound-Anlage in die Hand nimmt. Tolles Feature? Es funktioniert auch super, egal bei welcher Geschwindigkeit, der dabei entstehende Hall ist für einen kurzen Augenblick befremdlich.

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Zum Thema Geld; 42.900 Euro und fünfzig Cent sind mindestens fällig. In der von uns gefahrenen Avantgarde Ausstattung, in der viele Extras bereits Serie sind, sind es dann gut mehr als 65.000 Euro, die den Besitzer wechseln. Dazu gehört auch der stärkere Motor V 250 Bluetec, der Zahlen technisch dem Sechszylinder in nichts nachsteht. Durch „Overtorque“ leistet er kurzzeitig sogar 10 kW sowie 40 Nm mehr. Die 190 Diesel-PS reichen allemal, um problemlos voranzukommen. Dass 440 Newtonmeter für einen ordentlichen Antritt sorgen, muss auch nicht weiter erklärt werden. In gemütlicher Atmosphäre genügen dann auch um die acht Liter auf 100 Kilometer, allerdings gehen auch gut elf Liter durch, wenn man sich auf die Suche nach der Höchstgeschwindigkeit begibt (die liegt laut Tacho übrigens bei exakt 200 km/h). An sich ganz ordentlich bei diesen Ausmaßen.

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Der „Agility“-Select Schalter tut sein Übriges dazu. Wie auch schon in der C-Klasse werden hierbei die Kennfelder von Gaspedalstellung, Motor-Ansprechverhalten, etc. verändert – er ist ab Avantgarde Serie. Nun aber die wichtige Frage, kann ein Vierzylinder einen Sechszylinder ersetzen. Emotional wird er dies nie schaffen, technisch mit Sicherheit. Im Hinterkopf ist verankert, dass Hubraum nur durch mehr Hubraum zu ersetzen ist und nicht durch Turbolader. Doch, wie sich die neue V-Klasse mit der Topmotorisierung bewegt ist nicht zaghaft oder gar tranig. Nein eigentlich geht es ganz flott voran, so flott, dass der Mittelklasse-Kombi auf der A7 gar nicht wusste, wie ihm geschah. Er konnte den Abstand einfach nicht vergrößern – ich war auch etwas überrascht.

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Dennoch nicht alles was glänzt und einen Stern trägt ist auch frei von Fehlern. Das Drehen der Einzelsitze benötigt nicht unbedingt einen Harvard-Studenten, „mal eben schnell gemacht“ ist es dafür auch nicht. Ordentlich Krafteinsatz, Koordination und am besten geöffnete Seitentüren sind Pflicht dabei. Besonders aber Koordination, denn verrutscht die Führungsschiene auf einer Seite nur minimal, dann benötigt ihr schon die Hilfe eines Vertragshändlers, der das passende Werkzeug dafür hat.

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Platz, Raum und vor allem viel Ablagemöglichkeiten sind in dieser Klasse die Königsdisziplin. Zum einen gibt es gut gelöste Mittel, wie etwa die Becherhalter für die dritte Sitzreihe auf Höhe der Armlehne oder das große Staufach unterhalb des Touchpad. Hier reicht ein gezielter Griff nach unten, um an seine Flasche zu kommen. Zum anderen jedoch sind die Fahrer- und Beifahrertür mit so tiefen Fächern bestückt, dass es unmöglich ist deren Inhalt ohne weiteres während der Fahrt zu greifen. Dafür muss auch der gesamte Oberkörper mit bewegt werden, was wiederum heißt, dass die Aufmerksamkeit nicht mehr auf der Straße ist.

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Preislich liegt die V-Klasse genau dort, wo auch der Klassenprimus liegt. Der ist an sich im Innenraumkonzept noch deutlich cleverer, dafür in der Außenhaut nicht so schick und dessen Infotainment-System könnte auch nachgebessert werden – Nappa-Leder hingegen gibt es im T5 beispielsweise gar nicht. Also an sich ein gelungener Wurf, der durch kleine Macken sich nicht ganz „das Beste oder Nichts“ auf die Stirn schreiben kann.

Einen empfehlenswerten Bericht zur V-Klasse findet ihr auch bei mein-auto-blog.

Text: Fabian Meßner

Fotos: Fabian Meßner