Man wird ihn vor angesagten Clubs, an Promenaden von belebten Rivieras und in den Einkaufsstraßen von heutigen Metropolen finden. Der Peugeot 208 GTi ist der französische Chameur, der schüchterne Schuljunge, der am Ende die Frauen kriegt – wortwörtlich.
Wo könnte man sich also den Hot Hatch besser hindenken, wenn nicht nach Frankreich, genauer an die Côte d‘ Azur, denn genau hier durften wir ihn durchs Hinterland jagen und treten.
Keine überladene Mittelkonsole, auf das nötigste reduzierte Bedienelemente an Lenkrad und Armaturenbrett. Fahrmodi – überflüssig. Die Hand umfasst den stylischen Aluminiumschaltknauf, der akkurat innerhalb der Schaltplatte Gang um Gang bis hoch in den sechsten butterweich flutschen lässt. Wer hier übertriebene Härte oder extreme Kraftaufwendung erwartet, der wird wohl kaum im B-Segment fündig werden, vor allem nicht beim Urenkel des legendären 205 GTi, denn obwohl dieser stolz auf der Brust die GTi-Herkunft trägt, so will er das gesunde Mittel darstellen: der elegante Sneaker, der in jeden Club findet und sich auch nicht für den Sprint zum gerade abfahrenden Bus zu fein ist. Das Fahrwerk schluckt wirklich jede, aber absolut jede Bodenwelle – gemeint ist die hervorragende Arbeit, die die Dämpfer leisten. Der im Gegensatz zu anderen Fahrzeugen in dieser Kategorie längere Federweg absorbiert alle Unebenheiten, ohne dass diese die Insassen einen Bandscheibenvorfall vermuten lassen. Zeitgleich wurden aber die Stoßdämpfer und Stabilisatoren im Vergleich zum Standardmodell wesentlich härter eingestellt. Grund hierfür ist die genaue Abstimmung auf Land- und Stadtfahrten gegenüber den Setups, die auf der Nordschleife u. ä. entstehen – „optimized for roads“.
Peugeot zufolge soll der 208 GTi einen sportlichen Charakter besitzen, der hingegen nicht so dominant vorherrscht wie bei den Mitstreitern.
Selbst die Lenkung war erfreulich direkt, womit die Arbeit in den zahlreichen Haarnadelkurven auf der Route Napoleon keinen Besuch beim Masseur erforderte. Aber wie fährt er sich im Grenzbereich, da wo die Reifen quietschen, sich nach Grip sehnen und das ESP fast schon hinderlich ist?
Kontrollierbar. Egal ob Ford Fiesta ST oder Clio IV RS 200 EDC – der Peugeot 208 GTi mimt hier nicht nur den gelassenen Gentlemen sondern weiß sich auch zu benehmen und Haltung anzunehmen. Auf einem für drei Stunden gesperrten Stück Alpenstraße, wo man trotz nicht vorhandener Leitplanken trotzdem den Abflug tunlichst vermeiden sollte, flitzten wir im dritten mit Tempo 140 km/h (Vmax 230 km/h) wie ein Wiesel über den mitgenommenen Asphalt, der ähnliche Verwindungen wie ein Dickdarm durch die bewaldete Natur schlug. Die geringe Abrollfläche der Reifen von 205/45 R17 vorne wie hinten begünstigte die rasante Kurvengaudi. Weniger Übersteuern als vielmehr ein leichtes Heck – ein spannendes Mittelding, was stets die Balance des Fahrzeugs aufrecht hält, und auf das Sperrdifferenzial an der Vorderachse anstößt. Angesichts des geringen Radstands von 2,54 m bei einer Länge von gerade einmal 3,96 m sagt mir dieses Verhalten mehr als zu! Selbst ein Führerschein-Neuling würde mit den 200 PS (stehen bei 5.800 U/min an) des 1.6 l Vierzylinder mit Twin-Scroll-Aufladung spielend zurechtkommen, sollte aber dann doch das ESP aktiviert lassen, schließlich kann man die 1160 kg Leergewicht abartig schnell in Bewegung versetzen.
Lediglich drei Gänge bedarf es somit auf der Landstraße – für uns einer zu viel, denn der zweite Gang hat einen extremen Nachteil: er ist schlicht und ergreifend zu kurz übersetzt. Vor der Kurve angebremst verzweifelt mein Unterbewusstsein damit im dritten Gang zu bleiben, schließlich brauch ich wieder Kraft um aus der Kurve raus zu kommen. Blöd nur, dass ein Runterschalten im ratternden Begrenzer endet, also schön im dritten bleiben. Ein anderer Punkt, der vor allem mit dem unaufhaltsamen Downsizing und den kompakten Maßen im Motorraum zusammenhängt ist das spürbare Turboloch unterhalb von 3.000 U/min, da hilft auch wenig der Fakt, dass das eigentlich recht ordentliche Drehmoment von 275 Nm schon 1.300 U/min vorher anliegen soll.
Mit 6,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h vergeht noch nicht einmal genügend Zeit um die Wimperntusche aus der Handtasche hervorzuziehen, aber warum will der 208 GTi die bessere Wahl für Frauen sein – dabei sei gesagt, dass das Fahrzeug nicht direkt fraulich wirkt, anders als der Peugeot XY, der klar das weibliche Geschlecht zur Zielgruppe hat?
Zum einen aus den oben angesprochenen Gründen, zum anderen gibt ein Blick auf die Formsprache Aufschluss. So prägen vor allem noch runde Elemente wie die Frontscheinwerfer oder weiche Kanten die Gestalt. Die recht hohe Schulterlinie fällt auf halbem Weg in der Tür ab und fräst sich wie eine Halb-Parabel zurück an den hinteren Radkasten. Es entsteht eine deutliche, schnittige Kontur, die eben Symbol für das schizophrene Ich des 208 GTi steht: sportlich und sanft.
Im Innenraum schenken sich beide Franzosen, Renault Clio 4 RS wie auch der 208 GTi, nichts – hier wird mit Klavierlack-versehenen Plastikteilen und roten Ziernähten um die Kunden geworben. Jeder hat hier eindeutig seine Vorzüge, die Stärken des Peugeots sind ganz klar die technischen Raffinessen des einfach zu bedienen Multimediasystems über einen 7 Zoll TouchScreen (serienmäßig) oder die formschöne Umrahmung der Instrumente mit einem LED-Ring. Anzuführen sind auch die schön ausgesparten Griffstangen im vorderen wie auch hinteren Teil des Fahrzeugs und das kleine ovale Lenkrad, das selbst mir richtig gut gefiel und Menschen mit kleineren Händen sowieso!
Dagegen ist die generelle Verarbeitung des Interieur bei Renault einfach besser gelungen und auch die Sportsitze machen im innerfranzösischen Duell bei der Marke mit der Raute ordentlich was her: wesentlich mehr Seitenhalt und einen vollständigen Lederüberzug.
Ohne einen kompletten Vergleich im B-Segment ziehen zu wollen, so muss ich zugeben, dass der Peugeot 208 GTi zum Kraftprotz im XS-Format mit bescheidener Zurückhaltung avanciert. Wir sind begeistern und bestätigen dem Rennfloh Touring-Charakter. Selbst der Durchschnittsverbrauch auf der Landstraße bei zügiger Fahrweise ist mit 12,1 l/100 km absolut im Rahmen. Im normalen Fahrbetrieb würde ich auch unterstellen, dass die 5,9 l auf 100 km durchaus machbar sind – konnte ich den 208 GTi doch noch im Schongang zum Strand entführen und war diesem Wert dicht auf den Fersen – lediglich eine Differenz von 0,4 l zeigte das Display an.
Hervorzuheben ist auch das Infodisplay zwischen Drehzahlmesser und Geschwindigkeitsanzeige, welches immer die Geschwindigkeit digital zentriert ausgibt und davon von einem Trip-Kilometer Zählen wie auch dem Gesamt-Laufleistungszähler begleitet wird. Ist eine Route im Navi eingestellt, so werden Abfahrten bzw. Routeninformationen immer kurz vor der jeweiligen Abfahrt automatisch auf dem Infodisplay eingeblendet – keine lästige Einstellungsfindung. Einfach losfahre und Spaß haben! Das geht auch zu viert, denn durch die Konzipierung als 4-Sitzer, hat man es sogar im Fond relativ bequem, vorausgesetzt der Fahrer kommt nicht auf eine Länge von 1,90 m.
Da der 208 GTi auf dem Ausstattungspaket Allure basiert, darf man sich auf Parksensoren, Sitzheizung, elektrische Außenspiegel, Tempomat, 2-Zonen Klimaautomatik und das große Touchscreen freuen.
2013 sollen insgesamt 10000 Einheiten des 208 GTi verkauft werden, 2014 8000 – da lehnt man sich nicht weit aus dem Fenster! Renault selbst gibt zu, dass der europäische Markt eher einem Imagemarkt als Volumenmarkt heutzutage entspricht. 2012 wurden übrigens 25000 Peugeot 208 zugelassen!
Ich war zusammen mit Nicole unterwegs, die ähnlich begeistert vom charmanten Franzosen ist wie ich. Ihren lesenswerten Bericht findet ihr hier. Peter von Radical-Mag war ebenfalls in Südfrankreich und konnte sogar direkt den 205 GTi mit dem neuen Wurf vergleichen, dazu gibt es noch ein klasse Video von V12media. Weitere Berichte gibt es von Moritz.
Weitere Bilder findet ihr in unserer Galerie:
10 Gedanken zu „Der Löwe brüllt wieder: der Peugeot 208 GTi hat in den Alpen gejagt“
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