Der „neue“ Porsche 911 ist gar nicht so neu, möchte man meinen. Klar statt reinem Sauger-Vergnügen arbeiten jetzt gleich zwei Turbolader im Heck des 991.2, doch das ist nicht die einzige Veränderung des Facelift. Es gibt noch 12 weitere Technik-Highlights für den Klassiker der Sportwagen.
1. Größere, dauerhaft laufende Lüfter
Für gewöhnlich läuft ein Lüfterrad in normalen Autos bei niedrigen Geschwindigkeiten oder im Stillstand auf Hochtouren, um eben zu kühlen. Bei hohen Geschwindigkeiten schalten diese sich automatisch ab, da ausreichend Luft zugeführt wird. Allerdings besitzt ein Porsche 911 bedingt durch seine Form eher kleine Lufteinlässe an der Front. Daher laufen die Lüfter im 991.2 immer und sind hungrig nach Frischluft. Statt wie bisher 300 Watt starke Servos, sind im 911 Carrera nun 400 Watt und im Carrera S sogar 600 Watt starke Elektromotoren damit beschäftigt die Lüfter zu drehen. Gleichzeitig ist dabei auch die Lichtmaschine „angewachsen“ von bisher 2.100 Watt Leistung zu 2.450 Watt im Carrera und 2.940 Watt im Carrera S, um mit den gestiegenen Energie-Verbrauchern fertig zu werden.
2. Aktiver Kühlergrill
Ein aktiver Kühlergrill ist inzwischen nichts Außergewöhnliches mehr, denn selbst (effiziente) Kleinwagen besitzen eine solche Technik. Am 991.2 sitzen diese aktiven Lüftungsgitter direkt an der Front rechts und links vor den Kühlrippen.
3. Mehr Funktion im Heckspoiler
Für gewöhnlich fährt der Spoiler bzw. die „Motorklappe“ am 911er erst bei höheren Geschwindigkeiten aus, um aerodynamische Vorteile auf die Fahrdynamik auszuspielen. Im 991.2 allerdings kann der Spoiler auch automatisch in der Stadt ausgefahren werden, wenn zuvor etwa die Landstraße dementsprechend sportlich genutzt wurde. Denn, der Spoiler „drückt“ mehr Luft in die Luft-zu-Luft Ladeluftkühler hinein, sodass der Motor als solches aktiv schneller heruntergekühlt wird.
4. Turboloch-Reduzierung im Sport-Mode
Auch bei den besten Turbo-Installationen bleibt ein minimales Turboloch zurück. Im Porsche 911 wird dieses im Sport-Mode verringert und zwar durch Veränderungen der Motorparameter. Um den Durchfluss zu optimieren wird die Zündung verzögert, die Nockenwelle verstellt, sodass der Motor in einem weniger effizienten Rahmen arbeitet. Dabei wird, weniger effizient, mehr Luft und Benzin zusammengemischt, um etwa die gleiche Leistung zu produzieren, dabei aber mehr Durchfluss im Abgassystem zu haben, um die Turbos mehr anzutreiben.
5. Das PDK besitzt „virtuelle Gänge“
Zuerst gab es diese Technik bereits am richtigen 911 Turbo, nun auch am 911 Carrera. Das Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen nutzt, etwa im Stadtverkehr, beide Kupplungen. Die unteren drei Gänge passen nicht richtig auf die lahme Verkehrssituation in Städten, sodass der 911er zwei Kupplungen gleichzeitig nutzt, indem er quasi zwei Gänge gleichzeitig „schleifen“ lässt mit schleifender Kupplung fährt. Dadurch kann zwischen den beiden Gängen gut überbrückt werden und sobald das Gaspedal voll benutzt wird, entscheidet sich das Getriebe wieder für einen Gang.
6. Neue Übersetzung am manuellen 7-Gang-Getriebe
Bisher unterschieden sich das 7-Gang-PDK und das manuelle Siebenganggetriebe merklich anhand der Übersetzung. Erster und zweiter Gang waren gleich übersetzt, der dritte fast gleich, Gang vier bis sechs waren gleich, nur eben der siebte Gang war erheblich kürzer übersetzt. Dadurch, dass der 991.2 nun mehr Drehmoment im unteren Drehzahlbereich besitzt hat man die Übersetzung komplett angeglichen, sodass auch das manuelle 7-Gang-Getriebe die längere Übersetzung problemlos verpackt.
7. Schalten wie im Rennwagen
Das PDK wurde nicht nur verstärkt, um mit der höher auftretenden Kraft umzugehen, etwa ein neues verstärktes Zweimassen-Schwungrad kommt zum Einsatz, sondern auch mit einem neuen manuellen Modus versehen. Der manuelle Modus heißt zu allererst „du bist der Boss“, denn der 911er schaltet nicht mehr selbst. Zudem wurde die Richtung des Schalthebels verändert: dieser zurückgezogen wechselt nun einen Gang nach oben, wer nach vorne drückt, wechselt in einen niedrigeren Gang. Genauso, wie es in einem Rennwagen oder auch Rallye-Fahrzeug üblich ist.
8. Lenkrad mit „Push-to-Pass“-Knopf
Wer sich das Sport Chrono Paket bestellt, bekommt auch ein anderes Lenkrad mit kleinem Drehknopf daran. So wechselt der Mode-Schalter direkt ans Lenkrad, wobei sich Normal, Sport, Sport Plus und Individual auswählen lassen. Doch drückt man diesen Knopf, sammelt der 911er alle Energie, die er gerade zur Verfügung hat, selektiert den richtigen Gang für die aktuelle Geschwindigkeit und dann Feuer frei. Für etwa 20 Sekunden feuert der 991.2 dann per Knopfdruck (schneller als per vollem Pedaldruck) aus allen Rohren. Es gibt sogar eine kleine Infografik, die darstellt, wie lange die Leistung noch so zur Verfügung steht.
9. Lift-System an der Vorderachse
Auch wenn der Porsche 911 kein Lamborghini ist, der sich in der Stadt überall und dauernd die Nase zerkratzt, gibt es ein optionales Lift-System, welches die Vorderachse um drei Zentimeter anhebt. Sobald man schneller als 30 km/h fährt, senkt sich die Nase wieder automatisch. Das kompakte System bringt nur vier Kilogramm auf die Waage.
10. Der neue Motor musste einen Fall-Test bestehen
Um das neue Gewicht der Turbolader zu kompensieren, musste an anderer Stelle eingespart werden. Dabei wurde zum Beispiel die Ölwanne nun nur noch aus Plastik gefertigt, sodass jene alleine zwei Kilogramm einspart. Doch der Belastungstest hatte es in sich. Denn der Motor wurde aus einer Höher von einem Meter fallen gelassen. Thomas Brandl, einer der leitenden Ingenieure, sagte aus, dass die Ölwanne danach keine undichten Stellen aufwies.
11. Bremsen passend zur Leistung
Performance ist nichts ohne passende Bremssysteme, daher wächst auch das am 991.2 gegenüber dem Vorgänger. Die Scheiben selbst wachsen auf 34 mm in der Dicke an, während der 911 Carrera 330 mm große Scheiben besitzt und weiterhin Vierkolben-Zangen behält, trägt der 911 Carrera S nun 350 mm große Scheiben mit Sechskolben-Bremszangen.
12. Hinterradlenkung
Am 911 Turbo und 911 GT3 nicht mehr wegzudenken, trägt auch der 911 Carrera die Hinterradlenkung. Unterhalb von 50 km/h bewegen sich damit die Hinterräder zu zwei Grad maximal entgegengesetzt der Vorderräder, um die Agilität zu erhöhen. Oberhalb von 80 km/h bewegen sich die Hinterräder zu zwei Grad in einer Drehung in dieselbe Richtung wie die Vorderräder, um eine erhöhte Stabilität zu gewährleisten. Zwischen 50 und 80 km/h lenken die Hinterräder je nach gegebener Situation mit. Die Übersetzung des Lenkgestänge ist dadurch auch schneller geworden, was nur durch die Hinterradlenkung möglich wurde.
Damit die Hinterräder mitlenken können, findet sich an der Aufhängung eine Mini-Ausgabe der elektro-mechanischen Lenkung von vorne. Jede Seite besitzt einen kleinen Elektromotor, der einen kleinen Zahnriemen antreibt, um auf der anderen Seite eine Schraube zu drehen, welche die Verstellung der Räder erlaubt.
Fotos: Porsche