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Fahrbericht VW Golf R Variant: Ein Kombi für die Rennstrecke?

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Im inzwischen immer mehr umkämpften Feld der Hot Hatches wirft Volkswagen nun auch einen in den Ring, der auch für junge Familienväter mit Kind eine Option ist, die nicht von der Frau abgewiegelt werden wollen. Mit dem VW Golf R Variant gibt es den 300 PS Hot Hatch endlich auch mit Rucksack. Dem flotten Fahrgefühl und dem gut antretenden Allradantrieb tut der zusätzliche Laderaum keinen Abbruch. Was die Fahrt auf der spanischen Landstraße, als auch auf der Rennstrecke des Ascari Race Resort bestätigt.

Technisch gleicht der 2.0 TSI im Golf R Variant genau dem, wie er auch im Fünftürer verbaut ist. Die volle Leistung von 300 PS ist zwischen 5.500 und 6.200 Umdrehungen pro Minute abrufbar. Wer den Schaltpunkt präzise dazwischen wählt, der wird von der Abgasanlage mit einem lauten Rotzen und Röcheln belohnt. Die Ingenieure haben es geschafft das Drehmoment von 380 Nm über ein breites Band zu halten. Zwischen 1.800 und 5.500 Touren steht es in voller Blüte und kann auf alle vier Räder wirken. Wohlgemerkt kann, denn auch wenn der 4Motion als „permanenter Allradantrieb“ tituliert wird, ist dem nicht ganz so.

Die Haldex-Kupplung der fünften Generation ist bei aller Liebe zur Performance doch auch auf die Effizienz bedacht (irgendwie soll der Power Kombi nur sieben Liter auf 100 km verbrauchen). Soll heißen, im normalen Fahrbetrieb wird nur die Vorderachse angetrieben. Das ist nicht weiter schlimm, denn wenn die Performance abgefragt wird, dann verhält sich der Golf R Variant wie der Streber in der ersten Reihe und streckt sofort den Finger in die Höhe. Wobei genau genommen gibt er denen in der hinten Reihe einen Tipp, damit die auch etwas ihre mündlichen Noten verbessern können. Blitzschnell wird bei Bedarf also auch Antriebsmoment an die Hinterachse weitergegeben.

Ist der Golf R Variant ein Wolf im Schafspelz? Das scheint schon eine fast unangebrachte, uralte und bereits überflüssige Frage. Die um 20 mm tiefere Karossiere sieht man ihm, insbesondere mit den 19 Zöllern, deutlich an. Doch das alleine macht ihn nicht auffällig. Dazu zählt auch noch die R-Front, sowie die vier blitz-blanken Endrohre. Wären diese nicht, dann wäre es auch ein Schafspelz. Das ein gefüllter Kofferraum (605 bis 1.620 Liter) so agil durch die Kurven treiben kann, erwartet man dennoch nicht vom einem Golf. Das sei vielleicht den sportlichen Audi Modellen in dieser Klasse vorbehalten. Doch was steckt bei denen drunter? Genau dasselbe. Warum also sollte der Golf es nicht genauso gut können? Wer es auf eine dauerhaft sportliche Fahrweise (samt Kids und Co.) anlegt, der ist mit den serienmäßigen 18 Zoll Rädern vielleicht besser beraten. Die optionale 19 Zoll Ausrüstung ist mehr der Optik dienlich, das Fahrwerk wird an gewissen Punkten dadurch doch etwas zu hart.

Was den Golf R Variant im Sinne eines Golfs doch besonders auszeichnet sind zwei technische Details. Zum einen die Launch Control, bei der mehr Kraft nach hinten gegeben wird und es dich wortwörtlich in den Sitz presst, wie man es von einem Kombi nur mit der Güte eines E63 oder RS6 erwarten würde. Klar es ist mit 5,1 Sekunden auf 100 km/h etwas langsamer als in den beiden genannten. Dennoch das ist verdammt schnell. Für einen Kombi. Und zum anderen wäre da noch das komplett deaktivierbare ESC. Wohlgemerkt in einem Golf. Ähnlich dem Audi TTS, lässt sich durch langes drücken der „Schleudertaste“ der elektronische Bremser ausschalten. Komplett und dauerhaft.

Auf der Rennstrecke ist dies nicht unbedingt von Nöten. Eher findet dieser Freibrief Beachtung in den harten Wintermonaten, wenn doch eine leichte Schneedecke das Allrad-Sportler-Herz erfreut. Auf der Rennstrecke agiert das XDS+ (Bremseingriffe am kurveninneren Rad) ähnlich dem TTS. Nämlich sehr zaghaft, kaum spürbar und vor allem nicht am Vortrieb hindernd. Dabei hat sich auf Ascari herausgestellt, der Golf R Variant könnte durchaus mehr geben, wenn da nicht ein Manko wäre.

Die Pneus um genau zu sein, sind das schwächste Glied im Power-Kombi. Die Bridgestone Potenza sind chronologisch gesehen nach knapp ein bis zwei Runden warm, dann perfekt für zwei bis drei schnelle Runden und danach am Ende. In der fünften Runde löst sich das weiche Gummi mehr und mehr auf. Nun müssen die Bremspunkte früher gesetzt werden; Und etwa in Kurven, in denen man zuvor noch schnell und hart umlenken konnte (der Antrieb regelt den Rest) rutscht der Golf R Variant nun leicht über die Vorderachse weg. Das würde allerdings mit jedem anderen Serienreifen dieser Güte, egal ob Pirelli oder Michelin nicht anders verlaufen.

Selbst die Bremsanalage hält dem Einsatz stand und wird erst gegen Ende des Ausflugs leicht spürbar schwächer, der wahre Bremser ist allerdings das Gummi. Und am Ende des Tages ist der Reifen das Element, welches Fahrzeug mit Straße verbindet. Wer also öfters einen Ausflug auf die Strecke plant, der muss zum Trackday statt der Familie eben den zweiten Satz Reifen mitnehmen.

Text/Fotos: Fabian Meßner; Titelbild: Volkswagen

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