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Der böse Wolf: GTI Clubsport S getestet

Golf GTI Clubsport S Karusell Front

Was ist rot, schwarz oder weiß, frisst rheinland-pfälzischen Beton und Asphalt als wären es Gummibärchen? Richtig, der für die extremen Nordschleifen-Fanatiker kreierte VW Golf GTI Clubsport S. Ein Golf, der wahrscheinlich nie etwas anderes als die Nordschleife während seiner Entwicklung gesehen hat. Langstrecken-Komfort? Egal. Nutzwert? Egal. Verbrauch? Nur wichtig für die Zulassung! Ekstase auf der 21 Kilometer langen Berg- und Talfahrt irgendwo zwischen Köln und Frankfurt? Platz 1 auf der To-Do-Liste!

Die nicht endende Jagd nach Rekorden auf der Nordschleife

Jeder will ihn haben: den Rundenrekord auf der Nürburgring-Nordschleife. Aktuell hält der Porsche 918 Spyder den Rekord für „Serienfahrzeuge“, auch wenn dabei nicht wirklich von Serie gesprochen werden kann. Zugegeben, ein auf 400 Stück limitiertes Sondermodell ist auch nicht gerade eine Fertigung am laufenden Band. Doch im Moment ist der Golf GTI Clubsport S der Rekord-Halter in der fast schon interessanteren Hot Hatch Klasse mit Frontantrieb. Eine Klasse, die für die meisten noch irgendwie bezahlbar ist und vielleicht auch eher reproduzierbar. Wer kann schon von sich behaupten mit einem Supercar von fast einer Million Euro in unter sieben Minuten diese höllisch anspruchsvolle Strecke zu absolvieren?

7:49.21 Minuten. Ein Rekord in die Grüne Hölle gebrannt von Benny Leuchter. Seine Nordschleifen-Erfahrung floss auch mit in die Entwicklung, er gab vor, was am GTI fehlt, um diesen Rekord auf die Beine zu stellen. Seit der Vorstellung des Golf GTI (7. Generation 2013) lief die Entwicklung des GTI Clubsport S. Das einzige Ziel dabei, den Rekord auf der Nordschleife brechen. Zuvor hielt der Civic Type R mit 7:50 Minuten den Rekord, was den Megane RS Trophy-R den Rekord von 7:54 Minuten kostete. Wie lange der jetzige Rekord hält? Benny hofft auf eine lange Unantastbarkeit, aber für den Fall, dass der Rekord fällt, würde auch VW wieder an die Schleife zurückkehren und an einer Verbesserung arbeiten.

Golf GTI Clubsport S im Detail

400 Stück wird Volkswagen bauen in rot, weiß oder schwarz. That’s it. Extras gibt es keine, einzige Wahlmöglichkeit ist Klimaanlage oder Verzicht. 150 Stück gehen direkt auf die Insel, zu jenen die absolut Hot Hatch verrückt sind. Deutschland bekommt mit 100 Stück noch immer einen großen Teil ab. Die Rückbank fehlt, aus Gewichtsgründen, ebenso gibt es ihn nur mit Schaltgetriebe. Das DSG wäre zwar schneller, aber auch schwerer. So bringt er 1.285 Kilogramm auf die Waage, das Leistungsgewicht liegt bei 4,15 kg/PS. Auf der Vorderachse arbeitet ein 310 PS (380 Nm) starker 2,0-Liter Turbomotor mit angepasster Motorsteuerung und neuer Abgasanlage. Vor den Endtöpfen messen die Rohre 65 statt 55 mm im Durchschnitt. Die Folge ein reduzierter Gegendruck, mehr Leistung und ein betörendes Klangerlebnis durch Backfire vom Feinsten. Zusätzlich gab es für den EA888 der dritten Generation eine neue Kraftstoffpumpe mit erhöhtem Durchsatz. In Zahlen ist er so 265 km/h schnell und benötigt nur 5,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h.

Die effektive Veränderung gegenüber dem normalen Clubsport ist das Nordschleifen-Setting, welches durch „Individual“ gewählt werden kann. Der böse Wolf ist dabei perfekt auf die wohl härteste Rennstrecke der Welt abgestimmt. Die Dämpfer sind ohnehin schon so abgestimmt, dass ein räubern über die Curbes kein Problem darstellt. Selbst im Karussell versetzt es den Wolf nicht einen Millimeter. Nur die ganz hohen Curbes der tückischen Rennstrecke sollte man meiden. Auch das Fahrwerk wurde angepasst, neben der Cup 2 Bereifung (Serie) wurde die Hinterachse für mehr Querbeschleunigung optimiert und im Gegenzug die Vorderachse mit einem höheren negativen Sturz versehen. In Folge der voll variablen Vorderachs-Quersperre ist Untersteuern kein Thema mehr im GTI Clubsport S.

Auf Rekordjagd hinter Benjamin Leuchter

Mit deutlich geringerer Erfahrung auf dieser tückischen Streck als Benjamin Leuchter begrüße ich es sehr, ihm hinterherfahren zu dürfen. Im Windschatten des Rekord-Golf hängend scheint es gar fast zu leicht diese Strecke zu bewältigen, aber die tückischen Stellen sollten noch kommen. In den engen und kurvigen Passagen nach der Hohen Acht zieht Benny einfach davon, da fällt es schwer noch mitzuhalten, auch wenn klar erkenntlich ist, dass es nicht am Wagen liegt. Am oberen Rand meiner Komfort-Zone versuche ich am Duisburger dran zu bleiben, was auf jeder anderen Strecke deutlich einfacher wäre.

Bei überraschend perfektem Wetter in der Eifel frisst sich der GTI Clubsport S durch den Mischmasch aus Asphalt und Beton. Die Cup 2 Pneus greifen perfekt. Die penible Entwicklung macht sich bezahlt, denn selbst ein später Bremspunkt, muss im Clubsport S nicht zwangsläufig in der Leitplanke enden. Auch auf der Bremse lässt sich der schnellste GTI aller Zeiten noch in die Kurve drücken, das Heck tänzelt leicht auf dem irgendwie immer rutschigem Asphalt und dazu spielt die veränderte Abgasanlage ein Sonett, was nicht auf einen Golf schließen lassen würde. Diese Musik, umgangssprachlich mit Sicherheit auch gerne als „Krach“ bezeichnet, ertönte so bisher an keinem Golf. So etwas kennt man eigentlich nur von Fahrzeugen mit einem M oder AMG.

Und am Ende…

Ganz ehrlich? Es war mir eine Ehre eines dieser seltenen Exemplare auf dieser höllischen Strecke zu bewegen. Und ausgehend von anderen Fahrzeugen, die ich auf der Nordschleife bereits gefahren bin, zeigt der GTI Clubsport S eindrucksvoll, was Ingenieurskunst alles im Stande ist zu leisten. Ob es nun an Benny direkt vor mir lag oder dem Clubsport S, so geringfügig gestresst, war ich auf dieser Strecke bisher noch nie. Einerseits spürt man direkt, dass der Golf hierher gehört und auch gar nichts anderes will. Andererseits macht er es einem dadurch relativ einfach die Nordschleife zu bewältigen, zumindest in meiner Komfort-Zone. Und wem diese Strecke keine Angst mehr bereitet, der hat mit dem Clubsport S wahrhaftig ein Fahrzeug, welches in unter acht Minuten durch die Grüne Hölle fährt. Gesetz dem Fall, es probieren nicht alle 400 Besitzer gleichzeitig Benny’s Zeit zu knacken.

Video-Fahrbericht Golf GTI Clubsport S

Text: Fabian Meßner
Fotos: Volkswagen

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