Website-Icon Autophorie.de

Erste Fahrt auf Schnee und Eis im Land Rover Discovery Sport

land-rover-discovery-test-schnee-3292

Das Ende des Freelander bedeutet den Start für den neuen Land Rover Discovery Sport. Der neuste „kleine“ Kompakt-SUV der Marke, die sich als Verfechter echter Offroad-Fahrzeuge seit Jahrzehnten behauptet, überrascht nicht. Denn er ist keinesfalls ein weiteres City-SUV für Hausfrauen mit dem Auftrag Kinder von A nach B zu bringen. Er steht für die Historie ein und trägt sowohl den Namen Land Rover als auch die Bezeichnung Discovery mit stolzer, breiter Brust.

Optisch ist der Discovery Sport wohl näher mit dem Range Rover Evoque verwandt als mit dem kantigen, box-artigen Discovery. Gar eine runde Form ist es, die sich der Discovery Sport zu Eigen macht. Aus gewissen Perspektiven ist die Ähnlichkeit mit dem Evoque verblüffend. Am Heck werden die runden LED-Tagfahrleuchten der Xenon-Scheinwerfer (optional) wieder aufgegriffen. Die in die Schulter auslaufenden Rückleuchten kennen wir auch bereits aus anderen Modellen der Marke Land Rover.

Das neue Auto profitiert auch von einer neuen Bauweise, der Mehrlenker-Hinterachse mit einem unteren Doppelquerlenker und einem einfachen Querlenker (oben). Die neuen Federbeine werden platzsparend verbaut, sodass der Innenraum wächst und eine optionale dritte Sitzreihe verbaut werden kann. Dazu ist die zweite Sitzreihe um 16 Zentimeter verschiebbar. Dadurch lässt der Laderaum mit zwei einfachen Handgriffen von 821 auf 981 Liter vergrößern, noch ohne die Rücksitze umzuklappen. Die dritte Sitzreihe ist ein nettes Gimmick, das so im Segment kein anderes SUV bieten kann. Jedoch muss gesagt sein, dass es ohne eine nach vorne geschobene zweite Sitzreihe hier ziemlich eng ist.

Neu zu tragen kommt das frische Infotainment-System, welches deutlich schneller reagiert und farblich ansprechender gestaltet ist als der Vorgänger. Dieser wird allerdings auch im neuen Discovery Sport noch eingesetzt und zwar dann, wenn das optionale Meridan Soundsystem geordert wird. Dann kann der Bildschirm Fahrer und Beifahrer zwei getrennte Informationen, etwa Navi und TV, anzeigen. Vorstellen muss man sich dies wie die Flip-Effekt „Wackel-Bilder“ mit zwei Ansichten. Im anderen Fall kommen die InControl Apps (Bosch SoftTec) zum Einsatz, die wiederum für den deutschen Markt noch unattraktiv sind. Die verwendeten Apps sind primär aus der „Heimat“ des Landy bekannt, also UK (und auch den USA). WhatsApp beispielsweise soll dabei ein Thema in der Entwicklung sein, wobei Facebook definitiv ausgeschlossen ist.

Bis zu sechs USB-Anschlüsse bietet der neue Discovery Sport (als 5V Buchse zum aufladen). Jede einzelne besitzt dabei ihr eigens Preisschild, wodurch der Basispreis des gefahrenen SD4 von 41.000 Euro schnell über die 55.000 Euro Grenze schießt. Und dabei ist das Head-up Display noch nicht einmal mitinbegriffen. Zum Start stehen drei Motoren zur Wahl, ein TD4 mit 150 PS und 400 Nm Drehmoment, sowie die stärke Ausbauvariante des 2,2-Liter Turbodiesel mit 190 PS und 420 Nm (SD4). Als Benziner kommt ein Si4 zum Einsatz, der 240 PS (340 Nm) aus dem 2,0-Liter Turbobenziner schöpft. Letzterer ist nur in Verbindung mit dem neuen 9-Gang-Automatikgetriebe (ZF 9HP48) zu bekommen. Das tut jedoch definitiv keinen Abbruch, denn sahniger kann man gar nicht schalten.

Die beiden Diesel, wie auch der noch kommende 119 g/km Spardiesel eD4 sind mit der manuellen Sechsgangschaltung in der Basis ausgestattet. Auch sie können (bis auf den eD4) mit der ZF-Automatik bestellt werden. Um der Effizienz-Willen wird in diesem Fall auch nur Frontantrieb angeboten. Wir sind den permanenten Allradantrieb gefahren, darüber hinaus gibt es noch die „Active Driveline“, die durch eine Kupplung direkt hinter dem Getriebe die Hinterachse bei gleichmäßigen Fahrt schneller als 35 km/h abkoppelt. Weiter gibt es dann pro Rad an der Hinterachse jeweils eine weitere Kupplung, welche die Antriebsmomente verteilt. Ein echter Allradantrieb mit effizienter Sparschaltung.

Das sich etwas einsparen lassen würde, haben wir bei der längeren Fahrt mit dem permanenten Allradantrieb mit der SD4 Motorisierung schon bemerkt. Mit knapp unter neun Liter auf 100 Kilometer flößt er sich genüsslich mehr ein als angegeben. Insbesondere auf der präparierten Strecke des Icepark Tweng bei Obertauern in Österreich darf der Landy gerne vom Normverbrauch abweichen. Auch wenn er eigentlich nicht dafür gebaut ist quer über Eis und Schnee zu fliegen, er tut es. Etwas widerwillig, denn die zwei Tonnen Lebendgewicht sind eher weniger für dynamische Fahrten ausgelegt.

Sind die zwei Tonnen einmal aufgeschaukelt, dann muss man an sich nur noch den Gegenpendler schön mitnehmen und man könnte (würde man es perfekt machen) den ganzen Kurs von der einen zur nächsten Kurve quer (im Allrad-Drift) durchfahren. Auf Schnee empfiehlt sich hierfür die Terrain Response Einstellung für Sand zu stellen, denn dann hängt er richtig gut am Gas. Das der Discovery Sport kein Lifestyle-SUV, sondern ein echter Verfechter der Offroad-Fahrt ist zeigt sich im Schnee bedeckten Offroad Parcour.

Schrägfahrten bis zu einem Winkel, bei dem man fast mit der Nasenspitze den Boden berühren könnte, wenn man sich zu weit aus dem Fenster hängt. Verschränkungen und tiefe Löcher all das ist für den echten Land Rover kein Problem. Auch Steigungen bis 45 Grad meistert er, wohl gemerkt auf Eis und Schnee. In nackten Zahlen sind dies 25 und 31 Grad Böschunswinkel (vorne / hinten), sowie ein Rampenwinkel von 21 Grad. Die Bodenfreiheit von 212 Millimeter könnte man fast als „Best in Class“ definieren.

Egal ob handgeschaltet oder automatisch, beide Getriebe sind zu empfehlen. Insbesondere die manuelle Sechsgangschaltung fällt nur durch den billig-wirkenden Schaltknauf negativ auf. Für die Schaltwege ist eine kräftige Hand gefragt, wer also ein leicht flutschendes wabbeliges Gestänge erwartet, der ist hier fehl am Platz. Dieses Getriebe ist echte Handarbeit – es wird kein Tennis-Arm verlangt, doch mehr Kraftaufwand als bei einem herkömmlichen „City-Getriebe“ ist schon notwendig. ZF hat mit der9HP48 Automatik einfach dort weitergemacht, wo das 8-Gang-Getriebe aufhört. Einen Gang mehr, eine größere Spreizung und einen ersten Gang der quasi nur abseits von befestigten Straßen zum Einsatz kommt. Mit dem SD4-Motor eine weise Entscheidung den optionalen Haken in der Preisliste zu setzen. Alleine schon weil der herausfahrende Aluminium-Wählschalter deutlich hochwertiger wirkt als der manuelle Gangwahlhebel.

Gibt es einen Haken? Na klar doch, mit diesem kann man bis zu 2,5 Tonnen ziehen. Bei einer Wattiefe von 60 Zentimeter ist auch der Ausflug ins kühle Nass keine Problem, wobei selbst größere „Show and Shine“ SUVs da bereits absaufen.

Wer ein echtes Offroad-Fahrzeug zum kleinen Preis möchte, der ist hier genau richtig. Allerdings kann es bei der Preispolitik, die aktuell zu Grunde liegt schnell teuer werden. Auch wenn technische Highlights wie etwa der Fußgänger-Airbag (löst bis 50 km/h aus und entfaltet sich über der Windschutzscheibe) etwas völlig neues im SUV-Segment sind, lässt sich Land Rover jedes kleine Extra Geld kosten. Wer einfach nur ein sehr gutes Allround-Fahrzeug benötigt, der wird hier bestimmt fündig. Und ganz ehrlich, es reichen doch auch zwei USB Steckplätze.

Text/Fotos: Fabian Meßner

Die mobile Version verlassen