Denken wir nicht alle von uns selbst, dass wir die geilsten und besten Autofahrer sind? Ich kenne nur wenige, die noch nie von sich behauptet hätten „gut Autofahren zu können“. Zu gerne würde ich diese Leute einmal allesamt ohne Anleitung auf eine Rennstrecke schicken und dann sehen, wer jetzt noch das Prädikat „gut“ erreicht. Was gehört zu einer solchen Erfahrung; natürlich das richtige Sportgerät, doch in diesem Fall geht es nicht wirklich um den Porsche Cayman mit 275 PS, sondern das schwarze Gold an seinen Füßen: den Michelin Pilot Sport Cup 2.
Für gewöhnlich trägt der Cayman eigentlich andere Socken, doch für diese Experience-Veranstaltung, darf der kleine auch mal die guten Gummis tragen. Der Michelin Pilot Sport Cup 2 ist ein Semislick, wie man ihn zum Beispiel auch auf dem Cayman GT4 oder dem 911 GT3 findet. Eben ein Pneu für ein Straßenfahrzeug mit einem extremen Hang zur Rennstrecke. Dazu im Vergleich ist der Pilot Super Sport (etwa C63 S T-Modell) ein eher Alltagstauglicher-Reifen mit gewissen Rennstrecken-Attributen.
Der Cup 2 hingegen ist in erster Linie ein Rennreifen mit Straßenzulassung. Genauso könnte man auch sagen, ihn tragen für gewöhnlich Rennfahrzeuge mit Straßenzulassung, etwa eine gewalttätige Rakete im Format eines 991 GT3 RS. Technisch gesehen liegt der Pilot Sport Cup 2 so nah am Rennsport, dass er sogar auf derselben Fertigungsstraße, wie die Rennreifen zum Leben erweckt wird.
Die Bi-Compound Laufflächenmischung vereint an der Außenseite ein Elastomer mit hohem Molekulargewicht, sodass der Reifen maximale Haftung in Kurven aufbauen kann und an der Innenseite der Lauffläche einen steiferen Elastomer, sodass ein präzises Einlenkverhalten gewährleistet wird. Gegenüber einem herkömmlichen Stahlgeflecht, findet sich im Innern des Cup 2 ein Aramidfasergürtel, der bei gleichem Gewicht fünfmal widerstandsfähiger als Stahl ist. Am Stammtisch von Reifen-Freaks wird hierbei von „Null-Grad-Abdecklage“ gesprochen. Durch den Einsatz der Aramidfaser bleibt die Aufstandsfläche des Reifens auch bei hohen Geschwindigkeiten (Temperaturen) gleich. Mit anderen Worten, er verformt sich nicht, aufgrund der hohen Zentrifugalkräfte bei schnellem Tempo und bringt so auch bei Highspeed viel Gummi auf der Straße.
Um zurück auf die „guten Autofahrer“ zu kommen; bevor es mit dem Rennsport-Pneu auf die Jagd nach schnellen Rundenzeiten ging (im Vergleich mit dem Instruktor gar nicht mal so schlecht übrigens), kam quasi die leichte Theorie gepaart mit minimalem Praxis-Lernen. Soll heißen: Bremsübungen, aber keine Vollbremsungen, wie etwa in einem Sicherheitstraining. Sondern eine präzise, kraftvolle Bremsung, dann kein plötzliches, sondern ein progressives Lösen der Bremse. Abschließend ein kleiner Slalom, um ein Gefühl für den Mittelmotor-Sportler zu bekommen.
Danach ging es auf eine kleine Kurvenkombination zu, aus der sich direkt abzeichnete, warum es wichtig ist, genau so wie gelernt und nicht anders zu bremsen. Tückische Lastwechsel-Reaktionen bleiben so aus, es sei denn man provoziert sie. Gefühlvoll am Lenkrad, hart am Gas und nicht zögerlich auf der Bremse, war die Quintessenz für den kleinen Parcours. Danach ging es endlich auf die gesamte kleine Ausgabe von Paul Ricard.
Das schwarze Gold aus Frankreich ist so griffig, das direkt nach einer kurzen Flugphase über die Curbes in der engen Schikane, Gummi und Asphalt sofort wieder ineinandergreifen und den Cayman zurück auf die Spur fahren. Selbst das Heck verrutscht nur für einen kurzen Moment, bevor es wieder mit Vollgas in die nächste Kurvenkombination geht.
Das Material ist unermüdlich, erst nach Ende eines langen Tages zeigen sich erste Schwächeanfälle von Cayman und Cup 2. Nach fast acht Stunden auf der Strecke, zeigt die Bremse erste Anzeichen von Fading und die Gummis fangen leicht an zu schmieren. Das erhöht natürlich auch in gewisser Weise den Spaßfaktor. Wohlgemerkt fast volle acht Stunden (ohne Radwechsel) müssen die Cup 2 unter idealen Streckentemperatur-Bedingungen zeigen, wie gut sie arbeiten. Schlussendlich ist klar, dass dieser Reifen vielleicht öfters auf der Straße gesehen wird, aber auf der Rennstrecke zu Hause ist.
Text/Fotos: Fabian Meßner