Es begann mit einer Studie 2011, da wusste noch niemand, dass später das Jaguar F-Type Coupé fast genauso aussehen sollte. Für gewöhnlich fallen Concept Cars äußerst extravagant aus und kommen so meist nie in Serie, wenn gar sie mit dem Serienmodell noch in Verbindung gebracht werden können. Drei Jahre sollte es dauern bis aus dem C-X16 das Jaguar F-Type Coupé werden sollte, bevor diesem schon der Roadster vorausging. Zeit sich etwas intensiver mit dem Jaguar F-Type S Coupé zu beschäftigen.
Intensiver heißt in diesem Fall in etwa sieben Mal so lange wie bisher, statt nur einem knappen Tag sind es sieben volle Tage auf Winterreifen. Dennoch die 20 Zoll großen Felgen müssen sein, die dahinter die neue Karbon-Keramik-Bremsanlage versteckt, die dem Sportwagen endlich zeigt, was Bremswirkung heißt. Dieses kleine Extra setzt in der Aufpreisliste einen heftigen Haken im Gegenwert eines Kleinwagens: 10.720 Euro sind für Felgen und Bremsen fällig. Doch sie sehen so gut aus die 20 Zöller im „Storm“ Design.
Als müsste diese Form noch durch fette Felgen aufgewertet werden. Eigentlich nicht wirklich, doch die serienmäßigen 19“ „Propeller“ Felgen sind doch etwas mau, schwarz steht dem weißen (Polaris White) Jag auch deutlich besser als silberne Alus. Es ist insgesamt das dritte Mal, dass ich in einem F-Type Platz nehmen darf. Zuvor waren Roadster und Coupé bereits im schnellen Ersteindruck fällig. Doch nur wer den V6 Kompressor in der heimischen Garage morgens um 5 Uhr startet kann sich dem Hass der Nachbarn sicher sein. Ansonsten ist es nur Neid, doch wenn der Jag morgens eben schnell auf 2.500 Touren dreht pulsiert nicht mehr nur der Startknopf, sondern auch der Herzschlag des erbosten Hausbesitzers.
Es müsste nicht sein, man könnte auch direkt in D schalten, doch wozu soll ich den Klanggenuss alleine haben, soll sich der Jag ruhig im leicht erhöhten Standgas in P warm röhren. Spätestens nach einem Monat solcher Schikanen wird der erste wohl um eine neue Wohnung Ausschau halten. Gleich auf die Straße fahren und den Stempel voll durchdrücken geht dennoch nicht, im kalten Zustand ist der Motor noch etwas zickig und nimmt das Gas nicht ganz so direkt an, wie man es gewohnt ist.
Mit 127 PS pro Liter hat der 380 PS (280 kW) starke 3,0-Liter V6 nicht nur die beste Literleistung aller Jaguar-Modelle, er ist in meinen Augen „the best fit“ für die Katze. Die 40 PS schwächere Version wirkt auch genauso, die knapp 9.000 Euro sind am falschen Ende gespart. Und die Motorisierungen darüber wollen sich gefühlt einfach nur im Kreis drehen, denn wird die geballte Kraft des 5,0-Liter V8 Kompressor frei löst sich das teure Pirelli schwarz in dicke Rauchwolken auf.
Auch beim V6 sitzt der mechanische Kompressor Platzsparend zwischen den Zylinderbänken, so liefert er das maximale Drehmoment von 460 Nm bereits ab 3.500 U/min. Bei den V8 setzt das noch etwa 1.000 Touren früher ein, weshalb die Pirellis hier mit extremem Verschleiß zu kämpfen haben. Nicht, dass das F-Type S Coupé keinen Spaß machen würde, wie gesagt es ist der beste Motor, auch hier geht die Katze quer; in winterlichen Verhältnissen sogar oft schneller als gewollt und das noch in der normalen Fahrstufe. Plus das S Coupé ist die einzige Modellvariante (mit F-Type S Roadster), welches über ein mechanisches Hinterachssperrdifferential verfügt. Bei leicht frierenden Temperaturen ist es ratsam den Fahrschalter nach vorne Richtung der Schneeflocke zu drücken und nicht nach hinten zur schwarz-weiß karierten Flagge.
Auch wenn der Performance-Sitz dich fest im Griff hält, dann wirkt es ganz wie der klassische Satz „Außen hui, innen pfui“. Abseits des Lederlenkrads und den rot-braun-gold eingefärbten Schaltpaddles stellt sich schnell Ernüchterung ein. Gerade etwa bei dem langsamen Touchscreen des Infotainment-System oder den gummierten Drehreglern für die Klimaanlage.
Und von außen steht da eine mehrfach-award-würdige Erscheinung in perfekter Proportion, von Emotion ganz zu schweigen. „Dat Ass“ wie der Volksmund in Übersee zu sagen pflegt hat einfach etwas bisher nicht gesehenes – abgesehen natürlich vom C-X16, denn hier waren die zarten Rückleuchten zum ersten Mal zu sehen. Die zwei mittigen Endrohre könnten auch an einem Boxster befestigt sein. Und ja der Jag ist kein Porsche-Killer, selbst der Boxster S (weniger Leistung) würde den Jag problemlos auf der Rennstrecke abziehen.
Doch der Hausfrauen-Porsche (der immerhin noch mit manuellem Getriebe verkauft wird) ist eben ein Porsche. Quasi der VW Golf der Besserverdienenden. Möchte ich mich nicht dem Mainstream beugen, dann muss ich mich eben nach dem Briten recken und dafür (in dieser Ausstattung) über 100.000 Euro locker machen. Kleine Macken im Innenraum sind da inklusive, wie etwa die tückische Memory-Funktion, die gerne gespeicherte Positionen löscht und dich dann unerwartet bis knapp aufs Lenkrad zuschiebt – das ist leider zwei Mal passiert.
Im Design kann dem F-Type (aktuell) einfach keiner das Wasser reichen, das sahnige 8-Gang-Automatik Getriebe von ZF kann sowohl schnell als auch sanft, der Motor mag nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand der Technik sein, dafür klingt kein anderer Serien-V6 auf der Welt so verdammt gut und die kleinen Macken machen eben den englischen Charme aus, den sich der Jag als echter Gentlemen eben behält.
Jaguar F-Type S Coupé
V6-Motor (längs) 2.995 cm³ (Kompressoraufladung)
380 PS bei 6.500 U/min
460 Nm bei 3.500 – 5.000 U/min
4,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 275 km/h
Kombinierter Verbrauch 8,8 l/100km (CO2: 209 g/km)
Testverbrauch 8,6 – 12,5 l/100km
Modellgrundpreis 78.500,00 Euro
Testwagenpreis 104.205,00 Euro
Text/Fotos: Fabian Meßner