Ziemlich zu Anfang dieses Jahres hatte ich das Glück einer der besten deutschen Rallye-Fahrer unserer Zeit kennenzulernen. Es war nicht Walter Röhrl, ich hatte ja auch nicht „der Beste“ geschrieben. Ich habe die Chance genutzt und mich auch gute 30 Minuten mit Armin Schwarz zusammengesetzt und ihm ein paar Fragen zu vergangenem, kommendem und der Gegenwart gestellt.
An sich hatte ich nur ein paar kleine Fragen, aber der einnehmende Franke wollte jedes noch so kleine Detail abgedeckt wissen. Vielleicht stellen wir euch später noch das ganze Gespräch als podcast zur Verfügung. Meine grundlegende Frage war eigentlich, was ist mit dem Motorsport passiert und warum ändert sich nichts mehr daran, ganz klar mit Fokus auf Rallye. Aber wie er selbst sagt, der Rallye-Sport hat den Wechsel verschlafen:
„Der Rallye-Sport, wo eben mein Herz dran hängt, hätte auch mit dem Trend gehen müssen. Keiner braucht mehr so große Rallyes, bei denen tausende von Kilometer gefahren werden. Der Sport hat sich geändert, er muss griffig, er muss klein und er muss kompakt sein. Der Fan muss drankommen.“
Und genau an dieser Stelle hapert es schon seit Jahren im Rallye-Sport.
„Die Autos verschwinden irgendwann im Wald und tauchen nach Stunden wieder auf. Keiner weiß, was in der Zwischenzeit passiert ist, warum dem die halbe Karosserie fehlt oder warum ein Auto gar nicht mehr aus dem Wald zurückkommt.“
Auch der Zugang hat sich geändert, früher war es einfach sogar ein Teil der Rallye zu werden. Damals als die Service Parks nicht lokal waren, sondern irgendwo auf Bauernhöfen, kam es sogar oft dazu, dass Fans den Teams geholfen haben, weil deren Team nicht groß genug war. Heute ganz anders, muss der Fan tief in die Tasche greifen, um das passende Ticket parat zu haben, um in den Service Park zu gelangen. Genauso verhält es sich mit dem Einstieg selbst. Früher einfach einen Golf aufgebaut, Käfig rein und ab damit zur nächsten Bergrallye.
Heute dagegen „hast du die Wahl zwischen einem Mitsubishi oder einem Subaru, dann muss der Käfig rein und eine lange Liste an notwendigen Extras. Alles zusammen kostet 130 000 Euro. Heißt du musst dir einen Sponsor suchen, der in dich investiert ohne das er dich je fahren gesehen hat. Es kauft doch keiner die Katze im Sack, schließlich weiß keiner ob du Talent hast oder nicht.“ Und dann schwelgt er wieder herrlich fränkisch in Erinnerungen:
„Vor 15, 20 Jahren war das anders. Die Leute haben sich Autos aufgebaut und sind kleine Rallyes mitgefahren. Dann konnte man sehen, ‚ah da ist einer der vermöbelt die anderen alle. Jeden Samstag auf’s Neue und im ältesten Auto. Der muss gut sein‘, dieser Ansatz fehlt heute komplett.“
Und dann liegt auch noch einiges am Veranstalter. Kein einheitliches System, jeder hört dann auf, wenn er will. Mal endet die Rallye um 11, mal um 18 Uhr. Und ganz ein anderen ist schon am Samstagabend fertig.
„Um etwas zu etablieren, um mir regelmäßig Leute vor den Bildschirm oder auch auf die Strecke zu holen muss ich eine Konstanz entwickeln. Ganz simples Beispiel; Samstag gibt’s Fußball und um 18 Uhr weiß ich in der Sportschau über alle Spiele bescheid.“
Einheitliche Pläne gibt es bereits zu Hauf, Formel 1, WTCC oder die Moto GP, alle halten sie sich an einen geregelten Zeitplan. Die ultimative End-Lösung, klar die haben wir nicht parat. Hätten wir sie, würden wir uns mit anderen Dingen im Leben beschäftigen.
Aber immerhin einen Ansatz hat Armin Schwarz zur Hand. Mitunter deckt sich dieser mit seiner Erfahrung in der Baja 1000, dort wo es noch quasi jeder am Wochenende für 300 US-Dollar auf der Rennstrecke tun kann. Nein nicht zuschauen, sondern selber fahren.
Auch die Baja Trucks sind, wie er so schön umschreibt,
„so einfach, die kann ich selbst als gelernter KFZ-Mechaniker noch reparieren. Probier‘ das mal an einem neuen Auto, da geht gar nichts, weil du direkt einen mit dem Laptop brauchst. Wer kennt sich aus? Wer hat die passende Software dabei. Ohne die springt der nicht mehr an.“
Für die Rallyes von morgen müssen sich alle an einen Tisch setzen. Der Vorschlag des Franken wäre ein Mix aus den Klassikern, wie Monte Carlo, Schweden und der Akropolis-Rallye. Dazu neue, kompakte Rallyes, die auch den Faktor „Entertainment“ berücksichtigen.
„Es muss für den Zuschauer auch etwas passieren, wenn gerade kein Auto vorbeifährt. Sprich Leinwand, Live-Musik, Attraktionen für die Kinder. So wie es auch bei Nascar in den USA ist, da ist das als Sonntagsausflug mit der Familie zu verstehen. Da haben alle Spaß dran und so muss es auch mit der Rallye sein.“
Foto: Michelin
Das Interview geführt hat Fabian Meßner