Die Hamburg-Berlin-Klassik 2017, gleichzeitig die Jubiläums-Ausgabe, sollte unsere Revanche werden. Wir wussten, was auf uns zukommt, hatten Blut geleckt und waren hungrig nach mehr Erfolgen. Doch es kam leider alles anders und mit mehr Verantwortung für mich. Durch eine kurzfristige Absage, hing die Teilnahme am seidenen Faden, doch die Autostadt konnte Ersatz besorgen.
Vom Fahrer zum Beifahrer aufgestiegen
Dabei ist nicht unser Einsatzfahrzeug gemeint, das Golf 1 Cabriolet von 1991 in Mint. Sondern der zweite Sitzplatz. Eigentlich war wieder unser Duett geplant, volle Attacke von Autophorie im Team Autostadt. Doch es wurde ein Solo-Auftritt. Dank Frank, ein alter VW-Hase, der drei Stunden vor dem Kick-Off der Rallye von seinem Glück erfuhr, fiel zumindest die Teilnahme nicht ins Wasser.
Doch ein Problem blieb, primär für mich. Der unbeliebte Beifahrer-Sitz war quasi unbesetzt. Denn Frank, obgleich bekannt mit vielen, wenn nicht gar allen VW-Bauteilen, war als Fahrer berufen worden. Die einfache Begründung „du hast das doch schon mal gemacht“. Stupide nach den Anweisungen des Beifahrers die Route abgefahren und die Wertungsprüfungen absolviert. Korrekt. Den viel härteren Job des Beifahrers übernommen. Nein das noch nie.
Beifahrer-Aufgabe Nummer eins: wissen wo lang!
Statt lässigem Abend und darauf folgendem Cruisen, hieß es Roadbook büffeln. Prüfungen vorbereiten, mit der Route vertraut machen. Das harte Los einer jeden Rallye. Wenn man es genau nimmt ist der Fahrer nur das Werkzeug des Beifahrers. Ohne den Beifahrer weiß der Pilot nicht einmal wann und wo er zur Pinkelpause kann. Zeitnahmen, Zeiteinhaltung und vor allem ankommen obliegt dem Beifahrer. Er ist das Gehirn. Man spricht zwar immer vom Team und geehrt, gelobt und befragt wird immer der Fahrer. Aber ganz ehrlich, eigentlich hat er keinen Plan, um was es geht. In diesem Sinne, den höchsten Respekt an Legenden wie Christian Geistdörfer (Co-Pilot von Walter Röhrl), dessen erheiternde Bekanntschaft ich in diesen Tagen machen durfte.
Golf Cabriolet von 1991 – ein wahres Schätzchen mit kernigem Motor
Kurz zu unserem Schätzchen, ein voller Schnick-Schnack gepacktes Erbeerkörbchen. Damaliger Neupreis: 35.895 Deutsche Marke. Abgesehen von der Farbe ein echtes Schmuckstück. Diese Ausstattung sucht verglichen mit heute vergeblich Gegner. Leder-Sitze, Sitzheizung und ein bombastischer Motor. 98 PS leistet der 1,8-Liter Sauger und der geht richtig gut. Gefahren bin ich zwar nur kurz, aber dieser Motor macht richtig Laune. Nicht zuletzt der magere Verbrauch lässt heutige Dreizylinder mehr als fraglich dastehen.
HBK 2017: Von Hamburg über Wolfsburg und Lübeck zurück nach Hamburg
Zurück aber zur Hamburg-Berlin-Klassik, welche in diesem Jahr nicht wirklich nach Berlin führt. Sondern wieder zurück nach Hamburg, aber ganz hoch im Norden wird ein Zwischenhalt in Berlin gemacht. Zwar nicht der Hauptstadt, aber eben Berlin. Die Rallye führt von Hamburg über diverse Zwischenstationen nach Wolfsburg in die Autostadt, weiter nach Lübeck und wieder zurück in die Hansestadt. Malerische Dörfer und Landschaften, welche sonst nur wenig Beachtung finden verwöhnen die Rallye-Teilnehmer. Herrliches Wetter lässt uns dauerhaft offen fahren, wenn auch gleich der frühe Start am Samstagmorgen mit der dicken Steppjacke beginnt.
Ein frisch gewürfeltes Team hat einen großen Nachteil, man hat sich noch nicht vorher gerochen. Und auch nur einen Abend Zeit sich aneinander zu gewöhnen. Der Vorteil an einem solchen Team ist, keiner erwartet irgendwas. Daher war der erste Tag fast primär ein Testlauf, wobei zeitweise gemessen an den Punkten guten Ergebnisse herauskamen. Doch die Konkurrenz der HBK ist wie jedes Jahr extrem stark. Sodass auch bei wenigen Hunderstelsekunden neben der Zielzeit nur der 36. Platz herausspringt.
Überraschungsprüfung mit überraschendem Ergebnis an Tag 2
Wie man am zweiten Tag sehen kann, sind wir bei Überraschungen für eben solche gut. Denn, wie auch im letzten Jahr, hat Peter Göbel wieder ein paar Super-Geheime Prüfungen eingebaut. Auch hier zeigt sich das extrem starke Feld der Profis, denn mit 6 Strafpunkten (6/100 Sekunden daneben) reicht es nur für den 23. Platz in der WP. Zudem sind wir in diesem Fall mit drei Teams gleichgezogen, welche durch ihre älteren Baujahre allerdings besser gelistet werden. Über den Rest der genauen Ergebnisse schweigen wir lieber. Es hat nich sollen sein mit der erhofften Revanche. Mit viel Glück kann ein sich nicht bekanntes Team auch mal eine Punktlandung abliefern, aber bei der Rallye braucht es einfach den „Partner in Crime“, ohne den ist der Sieg kaum greifbar.
Die Revanche bleibt offen. Doch um ehrlich zu sein suchen wir doch nur krampfhaft einen Grund um wiederzukommen. Wo sonst kann man so viele Schätze sehen, aber vor allem riechen und hören?
Fotos: Matthias Leitzke für die Autostadt GmbH