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Kia cee’d GT: Detailverliebt

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Der KIA cee’d entpuppt sich als Verkaufsschlager in der Mittelklasse. Über die letzten Jahre konnte die Marke aus Fernost stetig Ihre Produkte mit umfangreichen Serienausstattungen und enormen Bemühungen in der Qualitätskontrolle verbessern. Die den Käufern dabei meist vor dem geistigen Auge auftauchende Frage ist aber jene: „Lohnt sich der Mehrpreis für den (pro_)cee’d GT?“.

Über 1600 km war der Südkoreaner mein treuer Begleiter. Fabian hatte bereits den dreitürigen pro_cee’d GT im Erstbericht angeschnitten, der sich vor allem mit der Technik befasst. Während der Zeit mit dem „Trackrot“-en-Hingucker fiel auf, dass der sportliche Kompakte sehr viel gut kann und einiges sehr gut.

Fangen wir daher mit der Kritik an, denn die hält sich kurz: Was mich beim ersten Platz nehmen verdutze, ist die „Eierform“ des Lenkrads. Es ist für meinen Geschmack zu groß und bedingt durch die konische Gestaltung nicht sonderlich für das ambitionierte Fahren ausgelegt. Ein Blick in die Seitenspiegel zeigt die progressive Schulterlinie des Exterieur. Durch die nach hinten ansteigende Linie erweckt der GT bereits im Stand einen dynamischen Eindruck, doch ist die ungewöhnliche, aber schöne Formgebung für eine schlechte Übersichtlichkeit verantwortlich. Das bullige Auftreten an der Front mit dem an einen Jet angelehnte LED-Tagfahrlicht lässt eigentlich anderes vermuten. Hilfreich wäre z. B. trotz Rückfahrkamera nicht auf automatisch neigende Außenspiegel beim Einlegen des Rückwärtsgangs zu verzichten.

Hätte ich nicht 204 PS aus dem 1,6 l Turbo-Benziner unterm Hintern, der dank Sitzheizung fast schon fest mit den gewohnt erstklassigen Recaro-Ledersportsitzen verschmilzt, wäre auch gar nicht aufgefallen, dass extreme Windgeräusche ab 190 km/h ein unerträgliches Pfeifen im Innenraum verursachen, sofern das zweigeteilte Panorama-Schiebeglasdach geordert wurde.  Hier wird durch den Luftwiderstand die erste, bewegliche Scheibe leicht nach hinten gedrückt, wodurch die Dichtung nicht mehr komplett abschließt. Äußerst ärgerlich, könnte der cee’d GT doch ohne große Mühe 230 km/h Spitze laufen. Aber das Sechs-Gang-Schaltgetriebe mit kurzer Übersetzung lädt ohnehin dazu ein auf der Landstraße Kurven zu räubern. Dabei verzieht der Koreaner keine Miene, liegt er doch dank Sportfahrwerk bretthart auf dem Asphalt und sucht nach Bodenhaftung in jeder Lage. Untersteuern wird schnell durch ESP-Eingriffe ein Ende gesetzt, allerdings hätte hier sicherlich ein zumindest elektronisches Sperrdifferenzial für abermals mehr Freude gesorgt, wie aus dem Golf GTI bekannt.

Zweiflutige Abgasanlage, Heckdiffusor, Heckscheibenspoiler. Da kommen Töne raus, ganz klar, und die dürften jedem Gefallen, der mit dem cee’d GT seinen Einstand in die sportlicheren Modelle feiert. Obwohl der Soundgenerator keinen Reihen-Vierer mehr vermittelt, hört sich das, was da raus kommt, ordentlich an. Dennoch sollte man es vermeiden, sich mit Golf GTI, Audi S3 oder Seat Leon FR anzulegen.

Optisch aber kann keiner dem Asiaten das Wasser reichen. Er steht auf grauen 18-Zöllern mit silbernen Akzenten und Michelin Pilots wesentlich tiefer, so dass die Radkästen mit dem Profil abschließen. Elegant dazu reihen sich die weder übertrieben verschnörkelten, noch wuchtigen Seitenschweller ein. Diese machen im Übrigen auch den üppigen Radstand von 2,65 Metern deutlich.

Außen wie innen top: Auch KIA setzt auf den Materialmix und hochwertiges Design. Die saubere Anordnung aller Bedienelemente und gute Haptik (meine geliebten Kippschalter am Lenkrad) stechen hier hervor. Gepaart mit dem sehr intuitiv und rasend schnell zu bedienendem Entertainmentsystem kann jedes Abenteuer beginnen. Einzelne Menüs lassen sich über das Lenkrad ansteuern und erscheinen im gestochen scharfen LED-Display in der Mitte des Armaturenbretts. Hier wird normalerweise der Tripcomputer und die Geschwindigkeit ausgeben. Der Clou: Das Design lässt sich zwischen „Touring“ und „Sport“ umschalten. So wird auch das aktuell anstehende Drehmoment und der Ladedruck des Turbos angezeigt, allerdings entschied man sich leider dazu, die Messeinheit Kilo Pascal zu verwenden anstatt der in Europa gängigen bar bzw. PSI, aber für die meisten ohnehin nur Spielerei.

Es gibt viel Stauraum für bis zu 1 l Flaschen, Ablagefächer für Handy und Schlüssel, eine geräumige Box unterhalb der einstellbaren Armlehne im Mittelkonsolentunnel und ein gekühltes Handschuhfach. Der Kofferraum ist ebenfalls mit einer 12V-Steckdose versehen, bietet einige Haken zum Befestigen von Taschen und kann auch mit einfachen Klettschlaufen, um Gepäck zu sichern, punkten. Umgeklappt (die Rückbank ergibt fast eine horizontale) ergeben sich 1318 l (380 l ohne umklappen) Kofferraumvolumen, wodurch der Transport von sperrigen Gegenständen problemlos funktioniert.

Tempomat und ein sehr akkurater Lane-Assist, der jedoch nur akustisch ab 60 km/h vor Überfahren der Begrenzungslinie warnt, machen lange Fahrten erheblich angenehmer. Der fantastische Klang des Soundsystems wird auch bei zügiger Fahrt garantiert, denn die geschwindigkeitsabhängige Lautstärkeregulierung arbeitet hervorragend.

Er ist zweifelsohne kein GTI-Schreck, braucht sich aber für den günstigen Basispreis von 24.490 Euro nicht verstecken. Die solide Verarbeitung und das polarisierende Design dürften vor allem die jungen Käuferschichten bedienen, die vor allem auch auf Ihr Budget achten. Es werden nicht viele GTs auf den Straßen fahren, umso mehr lohnt es sich dann nämlich einen selber zu fahren, doch hier muss man kompromissbereit sein. Leistung pur gibt’s für mehr Geld. Rationale Denker würden KIA eine Chance einräumen.

Text: Stefan Maaß

Fotos: Stefan Maaß

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