Auf Russlands Straßen ein Auto zu testen ist nicht unbedingt ideal (aus Herstellersicht). Kaputte Straßen, schlecht kartographierte Bereiche, ganz abgesehen von den unlesbaren Schildern, stehen hier echte Herausforderungen für Mensch und Maschine auf dem Plan. Umso mutiger präsentieren sich die Japaner mit dem neuen Mazda 3, der von Hiroshima bis nach Frankfurt am Main gefahren wird. Eine Strecke von 15.000 Kilometern, die einem echten Härtetest entspricht, auf einem Terrain, auf dem eigentlich nur alles versagen kann.
Mit rund 2.400 Kilometern Teststrecke über Stock und Stein, bei teilweise komplett nicht existenten Straßen, stand dem Mazda 3 keine einfache Prüfung ins Haus. So viel vorweg: Er hat sich eindrucksvoll geschlagen. Im Prinzip fährt er vorwärts und rückwärts, hat eine Klimaanlage und funktioniert, wie es von einem Auto erwartetet wird. Keine großen Überraschungen eben – einfach und solide, so wie es von den Japanern bekannt ist.
Das ursprüngliche Außendesign wurde komplett über den Haufen geworfen und von Grund auf neu gestaltet, was zur Folge hat, dass die Front in der Seitenansicht extrem lang gezogen wird. Fast ähnelt der Vorderwagen dadurch einer Limousine. Die Seitenlinie ist für einen Hatchback dadurch fast schon ungewöhnlich markiert. Front und Heck sind wie gewohnt nicht weiter spektakulär. Die Front bringt durch eine Chromleiste noch mehr Schwung in das Design. Am Heck fehlt leider aus der Entfernung der klare Unterschied zu anderen Hatchback Marken und Modellen. Fast ein wenig beim Mazda 6 abgeschaut wirkt diese Partie der Heckklappe.
Im Innenraum fällt eines sofort ins Auge: Hier will Mazda einfach zu viel. Ein bisschen was von allem aber keine klare Linie, die sich durch das Interieur zieht. Überall ist Carbon, Aluminium, gebürstetes Aluminium und schwarzer Klarlack verteilt. Alles besteht aus Plastik, gut verarbeiteten Plastik-Materialen, doch mindestens einmal hätte man den „Bunte Hund“-Wahnsinn im „Sports Line“ Package einsparen können. Dass Carbonoberflächen nicht wirklich zu einem Auto dieser Klasse passen, liegt für mich logisch auf der Hand. Es ist schlichtweg Fehl am Platze. Des Weiteren macht gebürstetes Aluminium auch nur Sinn, wenn es echt ist und die Oberfläche rau ist und die Struktur nicht einfach nur aufgemalt wurde. Kurz gesagt: Der Aluminiumbeschlag am Lenkrad hätte auch gerne im Dashboard wieder auftauchen dürfen. Die Klarlack-Oberflächen passen ebenfalls gut ins Paket. Der Rest ist jedoch einfach nur zu viel des Guten.
Ein kleiner Makel ist in meinen Augen auch die tiefe Positionierung des CD-Players. Hier muss eine CD zwischen Gangschaltung und tiefer Mittelkonsole geschickt durchgewuselt werden, um in den Schlitz zu passen. Es wirft die Frage auf, warum die Sitzheizung und der Schalter für das PDC so hoch positioniert wurden und schlussendlich etwas weitaus mehr und öfter genutztes wie der CD-Player so tief?
Weiter im Innenraum gibt es eine neue Infotainment-Lösung, die so nicht weiter als „getestet“ abgestempelt werden kann, denn es war nur eine Beta Version. Ein paar kleine Fehler hier und da, aber das sollte sich zum finalen Produktlaunch alles gelegt haben. Die Steuerung über den Drehknopf mit der integrierten 5-Wege-Navigation ist dafür ganz sinnvoll. Auch wenn es in erster Linie „nur“ ein Plastikknopf ist, fühlt er sich ganz annehmbar an. Die Bedienbarkeit ist ebenso kinderleicht wie schnell. Letzten Endes sollen auch noch weitere Funktionen hinzukommen. Die zwei USB-Anschlüsse in der Mittelkonsole bleiben aber definitiv bestehen.
Beim Motor gibt es aus 2,0-Litern Hubraum 120 PS. Das klingt auf den ersten Blick wenig, denn es fehlt eventuell die Zusatzinfo, dass Mazda auf Turboaufladung verzichtet. Sprich: Hier herrscht ein reiner Saugmotor, der durch extrem hohe Verdichtung und Gewichtsoptimierte Bauweise an die Leistungswerte der Konkurrenz herankommt. Mazda sieht den Vorteil darin, die konstante und lineare Leistungskurve an den Mann zu bringen. Es bedarf ein wenig Eingewöhnung, um die Fahrweise an die fehlende Zwangsbeatmung anzupassen, denn ganz so ein hervorragendes Ansprechverhalten hat der Motor dann doch auch wieder nicht. Über 3.000 U/min muss er schon gehalten werden, um den Gasstoß in kinetische Energie umzuwandeln. Als störend empfand ich die Einstellung des Gaspedals. Es ist schlichtweg egal, ob nur der kleine Zeh drückt oder das Pedal durch’s Blech gedrückt wird. In beiden Fällen tut sich exakt dasselbe. Ich würde mir einen Unterschied wünschen zwischen „leicht gedrückt“ und „voll am Bodenblech“. Ansonsten gibt es diesbezüglich nichts mehr zu meckern. Selbst auf üblen russischen Straßen mit schlechtem Sprit – angeblich sollen es bis zu 95 Oktan sein – begnügt sich der Mazda 3 SKYACTIV-G 120 mit 5,8 bis 6,9 Litern auf 100 Kilometern.
Bis auf kleine Makel ist schon jetzt klar, dass der neue Mazda 3 die taumelnden Verkaufszahlen des Vorgängers mit links übertrumpfen wird. Immerhin hat der Kompakte einen bleibenden Eindruck hinterlassen, uns nie im Stich gelassen und alle in einem Stück durch Sibirien gebracht. Dabei müssen den Sitzen, vorne wie auch hinten, ein hoher Preis angerechnet werden. Gerade auf den holprigen und unwegsamen Straßen Russlands hätte ich persönlich mit schmerzhaften Ausstiegvorgängen gerechnet. Doch egal wie lange die Strecke war oder auch wenn mal eine Etappe auf dem Rücksitz bewältigt wurde, war das Ergebnis schmerzfrei. Hut ab für diesen echten Langstrecken-Komfort.
Der neue Mazda 3 ist ein grundsolides Auto mit gut anzufassenden Materialen, einem kleinen Overdressed-Problem im Innenraum, einem Motor der etwas anderen Art (gemessen daran wo die Entwicklung hingeht) und eindrucksvollen Langlauf-Eigenschaften.
Noch weitere Eindrücke gibt es bei Rad-Ab und Auto-Geil.
Mazda 3 SKYACTIV-G 120 „Sports-Line“
Reihenvierzylinder (quer) 1.998 cm³
120 PS bei 6.000 U/min
210 Nm bei 4.000 U/min
8,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 195 km/h
Kombinierter Verbrauch 5,1 l/100km
Testverbrauch 5,8 – 6,9 l/100km
Modellgrundpreis 16.990,00 Euro
Testwagenpreis 26.070,00 Euro
Text: Fabian Meßner
Fotos: Fabian Meßner