Dass ein 500 Abarth saugut klingt, musste ich schon am eigenen Leib erfahren, als ich bei 180 km/h auf der Autobahn von einem solchen Mini-Ferrari ohne weiteres überholt wurde. Der Klang ließ dabei aber etwas ganz anderes vermuten als dieses Fliegengewicht, mehr Hubraum, wenn nicht sogar mehr Zylinder, doch es sind eben nur 1,4-Liter-Turbomotoren, die Städte und Landstraßen gleichermaßen erschüttern.
„Bestes Stadtauto des Jahres“ (2008 und 2009), wer’s glaubt. Mit Stadtauto hat der scharf gemachte 500 nicht mehr viel zu tun. Auch wenn Jay Leno schon bewiesen hat, dass der Wendekreis genial klein ist – vorausgesetzt es wird das sinnvolle Instrument in der Mittelkonsole benutzt, kann ich seinen Eindruck bzw. seinen Auftritt nur bestätigen. Im Vergleich zum Fiesta ST etwa, muss die Handbremse nicht bis zum Anschlag gezogen werden, um die hinteren Räder zu blockieren und so das Heck einfach und schnell um die Achse des Kurveninneren Rades zu drehen, nein ein kurzer, minimaler Ruck reicht aus und die 180°-Wende ist perfekt.
Aber irgendwie ist der 500 Abarth doch ein Blickfang in der Stadt. Eben weil er kein gewöhnlicher „Cinquecento“ ist, sondern…Was ist er eigentlich? Ein Auto, das so keiner auf dem Plan hat. Die Record Monza Abgasanlage macht einen Lärm (mancher mag es Lärm nennen, „Musik“ wäre besser angebracht), dass die Freunde und Bekannten denken, dass Gott weiß was gleich um die Ecke biegt. „Du denkst, der bringt ein echtes Sportgerät in Coupé-Form mit aufgeladenem Vierzylinder oder so etwas. Und dann das“. Mit anderen Worten, du hörst ihn, bevor du ihn siehst. Zwischen 2.000 und 3.000 Umdrehungen bollert der Italiener, wie ein ganz großer. Schaust du nicht hin, glaubst du nicht, dass es nur 1,4-Liter Hubraum sind ganz zu schweigen von einem „Cityflitzer“. Auch ein nettes Spielchen, in der Stadt, der Unterführung oder irgendwie jedem Tunnel – der hat einen schlechten Einfluss auf mich – egal ob im zweiten oder dritten, einfach das rechte Pedal durchdrücken bis entweder 0,8 bar oder 1,1 bar Ladedruck anstehen und schlagartig das Gas wegnehmen. Diesen Knall werde ich wohl am meisten missen.
Ich denke ich gebe schon so stark zu erkennen, dass der Spritverbrauch im 500 Abarth dauerhaft etwas höher ist als bei seinen städtischen Brüdern und Schwestern. Angegeben ist er mit 6,5 Liter/100km im kombinierten Verbrauch, bestätigen konnte ich die leider nicht einmal im Schongang. Mit knapp zehn bis elf Litern sollte man rechnen, wenn man dem kleinen die Sporen gibt, dann fällt die 14 Liter-Marke auch relativ schnell. Dafür lässt sich mit „Babyface“-Ferrari auf der Autobahn so mancher Möchtegern-Schnellfahrer ärgern. Zwar rennt der 595 „nur“ bis 210 km/h, wohl aber mehr im Sprint als in Marathon-Manier, nur von 190 bis zur Endreisegeschwindigkeit kämpft er etwas, aber ansonsten haben notorische Linke-Spur-Blockierer von 150 bis mindestens 180 km/h keine Chance. Abgesehen von der „ich ärger gerne die Großen“-Attitude fehlt dem „Competizione“ die Langstreckengelassenheit. Das harte Fahrwerk schluckt keine Bodenwelle, sondern gibt sie direkt an die Bandscheiben durch. Nach etwa 200 Kilometer beginnt es im Rücken auch zu zwicken. So gut die Sabelt-Schalensitze auch sind, eng, mehr Kurvenhalt als nötig, so anstrengend wird eine längere Reise. Wer also öfters lange Touren fährt, sollte eventuell eher zur „Turismo“ Edition greifen.
Was gleichermaßen mit den echten Sportsitzen aufgefallen ist, der 500 Abarth ist ein riesiges Auto! Von außen sieht die Kugel nicht wirklich geräumig aus, für die hintere Sitzbank trifft das auch zu, aber vorne. „Mehr Platz als in der A-Klasse“, habe ich jedem erzählt, der es nicht wissen wollte. Die Sitze sind nur noch in der horizontalen verstellbar und trotzdem habe ich mit „Frisur“ noch eine Handbreit Platz zur Decke. Ärgerlich ist, dass sich die Lenkachse ebenfalls nur in der horizontalen einstellen lässt, so haben das ehrlich gesagt viel zu große Lenkrad (ein bis zwei Zoll kleiner wäre mir deutlich lieber, insbesondere zum schnellen Kurvenfahren) und meine Knie des Öfteren angeregten Kontakt gehabt. Für einen Testraum von knapp zwei Wochen mag das vertretbar sein, für die Dauer müsste sich hier entweder Käufer mit Fiat Händler (Verstellung der Sitzschiene) irgendetwas überlegen oder Fiat selbst nachrüsten.
Ultimative Waffe im Kampf gegen Überkompensierende?
Keine „echte Mikael Sumacher Ferrari“, aber eine echte Spaßmaschine, Entschuldigung, Spaßzwerg. Wie viel Potential sich gekonnt unter der Fassade eines nur leicht abgeänderten Fiat 500 versteckt – der Underdog, der mühelos vorbeizieht. Eine Eigenschaft, die man einfach lieben muss, und in die ich mich mehr und mehr verliebt habe. Nicht zu vergessen die Abarth-Gemeinde selbst, Abarth-Fahrer grüßen sich untereinander, eine Traditionsreiche Szene, die sich gegenseitig respektiert und auf den Straßen zuwinkt, zu blinkt und vieles mehr. Bei einer vergleichbaren Traditionsreichen-Marke namens John Cooper Works ist mir eine solche gemeinschaftliche Beziehung bisher nicht aufgefallen, daher Daumen hoch für den 595, seine Leistungen, seine nicht zu erwartende Performance, nicht zu vergessen ein Hoch auf die Magnet Marelli Record Monza Abgasanlage und die Szene, die den Mythos Abarth mit Herzblut auslebt.
Kollege Matthias von fahrrueckt hatte auch seinen Spaß am 595.
500 Abarth „595 Competizione“
Reihenvierzylinder (quer) 1.368 cm³
160 PS bei 5.500 U/min
230 Nm bei 3.000 U/min
7,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 210 km/h
Kombinierter Verbrauch 6,5 l/100km
Testverbrauch 10,4 – 14,6 l/100km
Modellgrundpreis 23.600 Euro
Testwagenpreis 25.138 Euro
Text: Fabian Meßner
Fotos: Fabian Meßner