72-Stunden Ekstase im Porsche Cayman GT4

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Wenn Enthusiasten ihr Scheckbuch zücken wollen oder übereifrig mit der Bank telefonieren, dann vielleicht aus jenem Grund. Der Cayman GT4 vereint den 911 GT3 und den Carrera S in einer kleineren Verpackung zu einem attraktiveren Preis. Die Vorderachse kommt aus dem Motorsport (991 GT3) und der Motor aus einem größeren Modell (991 Carrera S). Scheinbar passen diese Bauteile ohne Probleme in den kleineren Cayman, der lässt sich nur am immensen Heckflügel anmerken, was hier aus dem 981c geworden ist. Ein Tracktool, das 72 Stunden lang mein Herz dauerhaft in Ekstase versetzt hat.

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Ganz ehrlich, eine solche gelbe Lackierung können nicht viele Autos tragen und eigentlich verbinden wir damit eher den Paket-Service der Post. Natürlich gibt es den Cayman GT4, um solche Verwechslungen zu vermeiden, auch in anderen Farben. Der feste Flügel ist dabei keine Option, sondern serienmäßig für den Anpressdruck (100 kg bei Topspeed) zuständig. In vielen Punkten ist der GT4 breiter, länger, tiefer als der 340 PS starke Cayman GTS. Und dabei hat der GT4 mit seinem 3,8-Liter Boxermotor aus dem Carrera S noch einiges mehr vorzuweisen: 385 PS bei 7.400 U/min gipfeln in sonorem, tiefen Boxer-Geschrei.

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Geschaltet wird manuell. Nur manuell. Das „fehlende“ PDK macht diesen Cayman nur attraktiv für Fahrbegeisterte! Wer damit prollen will und auf das freche Zwischengas rotzen der Abgasanlage durch das PDK hofft, muss sich etwas anderes zulegen. Zwar bietet der GT4 eine Zwischengas-Hilfe, die ist allerdings mehr zweckmäßig als Eis-Café-Show-Off-fähig.

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Der Fokus des GT4 liegt auf der Rennstrecke. Und damit ist wirklich die Rennstrecke schlechthin gemeint. Die 7:40 Minuten-Zeit auf der Nordschleife ist nicht, wie für viele ein Marketing-Gag, sondern das Standard-Programm. Im normalen Setup ist der GT4 eben auf jene Strecke eingestellt. Das Dämpfer-Knöpfchen verändert den GT4 diesbezüglich auf eine optimale Performance auf Rundstrecken. Ein Comfort-Setting gibt es nicht, wozu auch, damit werden keine Kinder zur Schule gefahren.

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In einer Zeit, in der einfache Kompaktfahrzeuge sich in einer ähnlichen Leistungsklasse bewegen und gar auf die 400 PS-Marke zu steuern, mag die Leistung von 385 PS in einem „Rennstrecken-Fahrzeug“ nach „zu wenig“ klingen. Wenn dem so wäre hätte Porsche ihn sicherlich nicht GT4 getauft, denn das Verhältnis stimmt einfach. Nochmal ein paar Kilos weniger auf den Hüften als der GTS und dabei eben fast die komplette Vorderachse des GT3 übernommen. Das ist quasi auch schon der Schlüssel zum Erfolg des GT4, denn der mechanische Grip des „kleinen Sportwagens“ ist kaum in Worte zu fassen.

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Auf der Landstraße kommt der GT4 nicht einmal annähernd an seine querdynamischen Grenzen. Alles, was nicht mit Curbes bepflastert ist, kann den GT4 nicht fordern. Und das fasst das Kapitel GT4 schon relativ schnell zusammen. Wer damit nicht plant mindestens einmal im Monat einen Track Day abzufeiern und dabei vielleicht auch einen Satz der teuren Pilot Sport Cup 2 Pneus abzubrennen, der investiert sein Geld völlig falsch.

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Damit schnell über die Autobahn brettern funktioniert, aber macht eher weniger Spaß. Durch die Kurven pressen als gäbe es kein Morgen mehr und das mit einem breiten, aber konzentrierten Grinsen dafür umso mehr. Die manuelle Schaltung ist ein Genuss. Mit zwei mechanischen Klickgeräuschen wandert der kurze Schaltknauf am Alcantara Schaltsack durch die Gassen. Getoppt wird dies eigentlich nur noch von einem Schaltvorgang in einen niedrigeren Gang beim Anbremsen auf eine Kurve. Wenn der Sechszylinder-Boxer direkt hinter dir aufheult. Im perfekten Drehzahlbereich in die Kurve eingebogen, drückt sich der GT4 beim Beschleunigen wieder in den Asphalt und marschiert davon. Untermalt wird es vom euphorischen Klang des Abgasrohrs, welches auch ohne zusätzliche Sound-Aktuatoren Markerschüttern klingt.

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Auf der Suche nach der perfekten Drehzahl im GT4 gibt es verschiedene Ansätze. Entweder man erfreut sich bereits an der minimalen Entfaltung bei 3.000 Touren, wenn sich der Motor langsam in die erfreulichen Tonlagen hochdreht. Oder man fiebert auf die 5.000 Touren hin, wenn das maximale Drehmoment von 420 Newtonmeter bereit steht und die volle Leistungsentfaltung sich langsam veräußert. Oder die Wahl für alle, die den Krawall und die Kraft im Zaum halten können, die magische 7.000. Dann, wenn sich andere Motoren schon lange verabschiedet hätten, feuert der GT4 aus allen Rohren und macht einen blitzschnellen Satz auf die Maximaldrehzahl von 7.400 U/min. Es fällt gar schwer diesem Motor nicht zu verfallen.

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Zum Schluss noch ein eher nebensächlicher, aber durchaus positiver Punkt für den GT4 und gegen seine ganze Turbo-Konkurrenz: auf dem Weg zur Rennstrecke benötigt der Cayman GT4 nur etwa neun bis zehn Liter pro 100 Kilometer bei typischer Autobahn-Geschwindigkeit. Wer kann dies in seiner Leistungsklasse noch von sich behaupten?

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Porsche Cayman GT4

Sechszylinder-Boxer-Mittelmotor 3.800 cm³
385 PS bei 7.400 U/min
420 Nm bei 4.750 – 6.000 U/min
4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 295 km/h
Kombinierter Verbrauch 10,3 l/100km (CO2: 238 g/km)
Testverbrauch 9,1 – 12,7 l/100km
Modellgrundpreis 85.776,00 Euro
Testwagenpreis 102.132,55 Euro

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Text/Fotos: Fabian Meßner

4 Gedanken zu „72-Stunden Ekstase im Porsche Cayman GT4“

  1. Pingback: Am 4. Oktober 2015 gefunden … | wABss
  2. Toller Bericht. Leider hatte ich bis heute noch nicht das Vergnügen, einen Cayman GT4 zu pilotieren. Ich hoffe allerdings, dass sich dieser Umstand bei einem Fotoshooting noch ändert. ;)

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