Die autonome Technik der neuen E-Klasse (W213) im Check

Mercedes W213 E-Klasse Autophorie Test

Die neue Mercedes-Benz E-Klasse wird von der Daimler AG als „ein Meisterwerk der Intelligenz“ gefeiert. Ganz unrecht haben die Stuttgarter damit nicht, denn abgesehen vom Tesla Model S und dessen Autopilot kann der E-Klasse (W213) aus heutiger Sicht keiner das Wasser reichen. Ein paar Modelle können ähnliche Fahrhilfen aufweisen, doch keiner geht bisher soweit, wie die neue E-Klasse. Ein Blick auf die Fahrhilfen, die das Reisen zur puren Entspannung werden lassen.

Nein, und das ist ganz wichtig, die E-Klasse macht den Fahrer nicht überflüssig. Nach aktuellem Stand ist der Fahrer noch immer verantwortlich. In Zukunft wird sich dies vielleicht ändern, doch bisher kann man aus dem E 220d noch alles ausquetschen und ihn durch die Kurven drücken, bis die fast nicht mehr abschaltbaren Sicherheitssysteme sagen „jetzt ist aber gut“. Die freie Entfaltung auf den Landstraßen ist weiterhin gesichert und auch hier lässt es sich mit der teil-autonomen E-Klasse noch vorzüglich reisen. Doch kommen wir zum „passiven Autofahrer“.

„Fahren lassen“ mal anders – autonome Technik wird „erlebbar“

Für gewöhnlich kommt der Ausdruck „Fahren lassen“ von der Rückbank, weil ein Chauffeur die meist wohlhabende Kundschaft durch die Gegend kutschiert. Im W213 allerdings bekommt dieser Ausdruck eine völlig neue Bedeutung. Denn selbst der Kutscher kann sich nun „Fahren lassen“. Zumindest in gewissem Maß und mit der Bedingung die Zügel nicht aus der Hand zu geben. Die neue Mercedes-Benz E-Klasse wird derzeit als autonomes Fahrzeug in Nevada getestet. Uns obliegt dieser Fahrzustand noch nicht, da sich Autohersteller mit Versicherer und auch Politik noch nicht auf einen Konsens einigen konnten. Aber ein teil-autonomer Fahrzustand ist auch heute schon möglich und der ist einfach genial!

Autonome Technik des Mercedes W213 im Überblick

Ja die deutsche Autobahn ist der Himmel für viele „Schnellfahrer“. Doch ganz ehrlich, wer kann sich zurücklehnen und ganz ehrlich von sich behaupten im letzten Monat über eine längere Strecke schneller als 130 km/h gefahren zu sein? Ich sehe keine Hände! Es ist einfach nicht mehr möglich, es sei denn man will den nächtlichen Street Races im Weg stehen. Tag für Tag gibt es Staus und der entsteht nicht mal unbedingt durch Baustellen, sondern durch die Ansammlung von verschiedenen Autofahrern, die sich überhaupt nicht verstehen.

Autonome Technik im W213: Theoretisch geht es ohne Fahrer

Ich bin ganz ehrlich und würde auf der Autobahn gerne das Lenkrad aus der Hand geben. Ich begrüße die autonome Fortbewegung auf der Autobahn, denn von „Fahrspaß“ kann auf unseren Autobahnen schon lange nicht mehr gesprochen werden. Die E-Klasse greift genau dieses Thema auf und kann, schon heute, bis 130 km/h dem Fahrer einiges abnehmen. Zwar wird der Fahrer weiterhin an das Lenkrad und geistige Anwesenheit gebunden, aber die E-Klasse erledigt den Rest.

Bei einer Geschwindigkeit von 80 bis 180 km/h reicht ein für zwei Sekunden aktivierter Blinker und die E-Klasse wechselt die Spur. Sie könnte das auch alleine, aber man wird verpflichtet zumindest so zu tun, als ob man das Lenkrad festhalten würde. Die Spur wird übrigens nur dann gewechselt, wenn Sensoren, Kamera und das Comand Online Navigationssystem ihr „OK“ gegeben haben. Während der Testfahrt in Lissabon habe ich mich schnell an dieses Feature gewöhnt und es in vollen Zügen genossen. Gab es Probleme? Beim Spurwechsel niemals, nur der Bremsvorgang des ACC blieb einmal in einer scharfen Linkskurve aus. Da hätte das Comand Online System eigentlich wissen können, dass es bei einer Ampel auch zu Stillstand kommen kann.

Dazu gehört auch, dass die Kamera in Verbindung mit dem Navigationssystem erkennt, welches Geschwindigkeitslimit aktuell vorliegt. Dies wird automatisch übernommen, sodass auch der Fuß von Gas und Bremse getrost gelassen werden kann. Verwundert hat mich das System nur kurzzeitig, als es in einer 70er Zone über eine Kuppe kommend plötzlich auf 50 km/h herunter geregelt hat. Scheinbar war da etwas, ich habe allerdings keine Gefahr erkennen können. Zusammengefasst ein optionales Extra, welches einmal kostet, aber nie wieder Geld in die Kassen der Ordnungshüter spült.

mercedes-benz-w213-amg-line-selenitgrau-8

Fehlt noch der Lenkeingriff, den übernimmt die E-Klasse auch gerne selbst. Noch wird es als „helfendes“ Feature bezeichnet, allerdings steht die Wegrichtung schon heute fest. Es ist nur ein Vorgeschmack auf das voll-autonome Fahren. Dabei orientiert sich die E-Klasse an den Fahrbahnmarkierungen und hält die Limousine zwischen den Linien. Selbst, wenn es keine Linien mehr gibt, nimmt sich die Elektronik einfach das vorausfahrende Fahrzeug als Anschauungsobjekt und folgt ihm.

Auch was hinter der E-Klasse passiert bleibt nicht unbeobachtet. Sensoren überwachen den Rückraum bis 80 Meter, um die Systeme auf einen Auffahrunfall vorzubereiten. Interessanter sind allerdings die Sensoren, welche im 140 Grad Winkel mit einer Reichweite von 40 Meter den bekannten Toten Winkel überwachen. Durch den „Aktiven Tot-Winkel-Assistent“ wird so verhindert, dass der Fahrer ausscheren kann, sobald sich ein anderes Fahrzeug im toten Winkel aufhält. Die E-Klasse führt so, direkt wieder auf die eigene Spur zurück.

Autonome Technik: Auch in Thema in Ingolstadt und München?

Audi lässt gerne den RS7 zu Show-Zwecken in einem kontrollierbaren Umfeld um die Rennstrecke sausen. Auch die Show zur Berlinale war mehr eine reine Marketing-Show, als ernstzunehmende Konkurrenz für die E-Klasse. Was passiert bei Audi, wenn der Ingenieur die Route nicht einprogrammiert? Bisher bleibt der kommende neue Audi A8 bezogen auf die autonome Technik hinter den Erwartungen zurück und wird nicht einmal gleichziehen. Maximal bis 60 km/h sollen dessen teil-autonome Fahrfunktionen arbeiten. Zumindest für den täglichen Stau sind Fahrer der Audi-Oberklasse dann gerüstet. Süß, dass kann der GLC schon heute.

autonome Technik W213 Mercedes Remote Parking

Bei BMW wird der Kampf der Technikvorreiter deutlich ernster genommen. Der aktuelle BMW 7er kann zwar „nur“ per Knopfdruck am Schlüssel alleine einparken und sich automatisch den Tempolimits anpassen, doch der neue BMW 5er (G30) wird mindestens gleichziehen. Mehr Infos zum neuen BMW 5er sollen im Sommer bekannt werden, kurz bevor der erste, ernstzunehmende Konkurrent der neuen E-Klasse das Licht der Welt erblickt. Audi hat den neuen A8 auch für dieses Jahr angesetzt, aber gemessen daran, dass hier nichts weltbewegendes passieren wird, wir zudem von einem Auto der Oberklasse sprechen, gilt es abzuwarten, was Audi in puncto autonome Technik für das Jahr 2017/2018 präsentieren wird, wenn der neue Audi A6 kommt.

Text: Fabian Meßner

Fotos: Daimler AG

2 Gedanken zu „Die autonome Technik der neuen E-Klasse (W213) im Check“

  1. Zitat: „Von Fahrspaß kann auf Autobahnen keine Rede mehr sein“ – dem Stimme ich voll und ganz zu! Auf einer langen Strecke dem Autopiloten die Fahrt zu überlassen ist – zumindest für mich – unglaublich reizvoll. Schade das es aber viele, viele Deutsche gibt, die extrem gegen jede Form von Helferlein im Verkehrsalltag sind (aber die ewig gestrigen wird es immer geben).

    1. Naja schauen wir einfach, was wird. Noch müssen sich Politik und Versicherungen irgendwie einigen. Bis auf Volvo hat noch kein Autohersteller gesagt, ob die Haftung übernommen wird, falls die Technik versagt. Volkswagen hingegen sieht 2025 niemanden mehr aktiv am Steuer. Warten wir ab, wie es in zehn Jahren wird :)

Kommentare sind geschlossen.