Schwedischer Spar-Langläufer: Volvo S60 D2 Fahrbericht

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Es tackert leise. Der Diesel werkelt. Ob er mich wohl voran bringt? Volle Hütte im Volvo S60 und unter der Haube nur ein kleiner Selbstzünder. Ob das funktioniert? Ich hab es eilig, keine Zeit zum Nachdenken. Der Kleine muss jetzt eben einfach herhalten. Vollgasfahrt zum nächsten Termin – die altbekannte Vertreterfahrweise.

Ein wenig schade: Es ist noch die alte, bald überholte Sechsgangautomatik, die den 115 PS starken Diesel befehligt. Die neue, selbst schaltende Achtgang-Variante würde dem D2 sicherlich auch gut stehen. Es ruckelt ein wenig auf den ersten Metern. Kalt ist es draußen. Mit knapp über 5 Grad Celsius dauert es ein wenig, bis alle Flüssigkeiten und auch der Motor selbst Betriebstemperatur erreicht haben. Die Gangwechsel sind wieder deutlich zu spüren – kein Vergleich zur Drive-E Motorengeneration (VEA).

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Das Warmfahren beschränkt sich auf den Weg aus der Stadt hinaus und die ersten begrenzten Autobahnkilometer. Graue Schilder ahoi! Der Kickdown beeindruckt den Motor nur geringfügig. Zurück in den vierten Gang ans Ende des Drehzahlbandes – doch der S60 beschleunigt. 130. 140. Und der fünfte Gang rückt nach. Der Schwede zieht, nicht sportlich, aber doch irgendwie, die Wurst vom Teller. Es reicht nicht ganz zum Tee aufgießen, eine Schnecke ist der wohl aber auch nicht. Angekommen bei fast 200 km/h gleitet die Limousine über den Asphalt. Ein wenig Spiel im Lenkgestänge macht sich bemerkbar, zeitgleich wird der Vordermann in der Abschussvorrichtung schon anvisiert. Der Distanzwarner erkennt den in der „Ferne“ fahrenden Bremser und die rote Warnleuchte markiert die Zielerfassung. Leider fehlt der rote Knopf um den Vordermann schlichtweg aus dem Weg zu räumen. Das tragische Ende:  Es muss gebremst und danach wieder beschleunigt werden. Es fühlt sich an wie ein zähes Tau ziehen. Immer wieder schieben sich Fahrer in den Weg, die sich dauerhaft fragen, weshalb es auch noch seitlich diese Schminkspiegel gibt – zum eigentlichen Zweck benutzt werden sie jedenfalls nicht.

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Es bedarf Arbeit, sich wieder auf die Höchstgeschwindigkeit zu katapultieren. Und so geht es, Tag ein Tag aus ohnehin auf den deutschen Autobahnen zu. Man sieht die Schnellen und die Langsamen, die sich nicht Recht aneinander angleichen wollen. Man kann mit einem kleinen Dieselaggregat schnell fahren. Es bedarf nur eben der entgegengesetzt proportionalen großen Geduld. Und doch wiegt am Ende eines positiv auf: der nicht zu machende Tankstopp. Der Bordcomputer will mir 6,7 Liter/100km verkaufen, die Tankfüllstandsanzeige hat sich kaum verändert, die Restreichweite soll noch über 600 Kilometer betragen. Soll das etwa der Feind jeder Zapfsäule sein?

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Es reist sich angenehm – auch zu viert. Zu fünft ist es eventuell nicht mehr ganz so gut. Der Kofferraum des S60 steckt ausreichend weg, egal ob große Trolleys oder prall gefüllte Einkaufstüten. Der Fahrer kann sich zur immer kälter werdenden Jahreszeit über Annehmlichkeiten wie die Lenkradheizung freuen. Nachts glänzt das scheinbar unmittelbar direkt an die Lenkradbewegung gekoppelte Kurvenlicht, welches ohne Verzögerung exakt die Lenkwinkel übermittelt und so die Kurve genauso ausleuchtet, wie sie gefahren wird. Die erst kürzlich überarbeitete Limousine bietet alles, was man von eben solcher erwartet: einen prägnanten Auftritt, Komfort, ein bisschen Luxus und höchste Sicherheitsstandards für Insassen sowie andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere Fußgänger. Anders als beim V60 Facelift fällt die neu gestaltete Front beim S60 stärker ins Gewicht. Durch das breitere Gesicht wirkt die Limousine insgesamt noch flacher. Lediglich der Blick von der Seite lässt den Eindruck einer Keilform entstehen, da sich das Heck dezent anhebt. Der breite Grill sowie die ausgeprägte Motorhaube passen gut ins frische Auftreten des Schweden.

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Eine gemütliche Reiselimousine für Kopfmenschen. Der S60 ist also für solche, die auch schon vor dem Kauf genau rechnen, welches Auto mit welcher Ausstattung sowie Motor am meisten Sinn ergibt. Und nicht nur beim Kaufpreis, sondern vor allem auf lange Sicht, muss sich ein Auto für gewisse Zielgruppen rechnen. Diese werden mit dem Volvo S60 D2 definitiv glücklich werden. Es gibt kaum etwas Sichereres als einen Volvo, kaum etwas Sparsameres als den 1,6-Liter-Turbodiesel-Motor, noch etwas preislich Attraktiveres in den Unterhaltskosten. Klar, für weniger Geld gibt es einen Jetta, doch der ist weder Premium noch ist er individuell – er ist das Auto für Jedermann. Doch ein Volvo will niemals das Jedermanns-Auto sein. Den Schweden genügt ein kleiner Marktanteil. Damit sind sie deutlich zufriedener, als mit der Massenabfertigung.

Der D5 AWD im Fahrbericht auf driversgroove.

Volvo S60 Momentum

Reihenvierzylinder (quer) 1.560 cm³ (Turboaufladung)
115 PS bei 3.600 U/min
270 Nm bei 1.750 – 2.500 U/min
12,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 190 km/h
Kombinierter Verbrauch 4,1 l/100km (CO2: 107 g/km)
Testverbrauch 4,3 – 6,7 l/100km
Modellgrundpreis 32.800,00 Euro
Testwagenpreis 48.670,00 Euro

Text: Fabian Meßner

Fotos: Fabian Meßner