Stadtauto auf Langstreckenausfahrt: Seat Mii Fahrbericht

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Der Seat Mii, ist wie seine (fast) baugleichen Brüder VW up! und Škoda Citigo als Stadtauto konzipiert. Mit dem Dreizylinder-Benziner, Start-Stopp-Automatik und ausreichenden 60 PS motorisiert sollte das auch genügen. Doch was ist, wenn der Kleine Kilometer fressen muss? Ein Stadtauto, das auch die deutsche Autobahn meistern kann.

Es ist völlig klar, dass der Fahrer mit einem Stadtauto auf der Autobahn mehr als ein Hindernis gilt, als jemand der flüssig mitschwimmen kann. Beispielsweise bergauf muss Hand an die Fünfgangschaltung gelegt werden, um einen, manchmal auch zwei Gänge herunterzuschalten. Bei einem quasi nicht existenten Drehmoment von 95 Nm ist Handarbeit gefragt. Du lernst direkt die „Sägezahn-Taktik“ zu schätzen, denn diese hilft nicht nur Sprit zu sparen, sondern auch die vorausschauende Fahrweise auf den Kleinstwagen anzuwenden. Viel Schwung im Hang mitnehmen, um anschließend flüssig den Berg wieder hinauf zu kommen.

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Die anderen Verkehrsteilnehmer sehen den Mii oft als Hindernis, leider schätzen sie ihn dennoch völlig falsch ein. Er geht, zumindest laut Tacho, bis 200 km/h – bergab mit Rückenwind versteht sich. Auf einem ebenen Stück ist die 180 km/h-Marke erreichbar. Allerdings ist der Weg dahin etwas mühselig und langwierig, umso nervtötender ist es, schiebt sich mal wieder ein entflohener Sonntagsfahrer auf die linke Spur und bremst den Cityfloh gnadenlos aus. Dabei bleibt der Mii immer Spurtreu, neutral und einfach zu händeln. Und das will bei einem Fliegengewicht von 940 Kilogramm, dem jede Böe erheblichen Schaden zufügen könnte, schon etwas heißen. Überraschend also wie gut sich der Mii bei solchen gar nicht für ihn verstandenen Geschwindigkeiten verhält.

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Die Werksangabe von 4,1 Litern im Mix ist dabei natürlich nicht zu erreichen, mit 5,7 bis maximal 6,1 Liter bei Vollgasfahrt können noch immer so einige Kilometer Autobahn hinter sich gelassen werden. Im Normalbetrieb gönnt sich der Dreizylinder höchstens 4,8 Liter/100km. Eindrucksvolle 645 Kilometer konnte ich so mit einer Tankfüllung von 35 Litern hinter mir lassen. Respekt! Das typische leicht unregelmäßige Geräusch der drei Töpfe ist dabei nur im Beschleunigungsvorgang deutlich zu hören, fast schon zu spüren (leichte Vibrationen), ist die gewünschte Geschwindigkeit einmal erreicht hört man kaum noch etwas – egal ob Stadt oder Autobahn.

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Das Navigon-Navigationssystem (entnehmbar) vermittelt dabei gemischte Gefühle. Die Route ist schnell und sicher eingegeben, dann wird es aber kompliziert. Drei verschiedene Routen können gewählt werden, schnell, kurz und die „MyRoute“. Diese hat es in sich, denn hier hat das Navi volle Befehlsgewalt. Darunter wird noch zwischen bis zu drei verschiedenen „aktiven“ Routen gewählt werden. Dabei saugt sich das Navigon Informationen aus allen Kanälen und rechnet dabei immer wieder um. Wie sinnvoll das Ganze ist, mag ich nur bezweifeln. Teilweise wurden Aussagen ausgesprochen, dass Störungen auf meiner Strecke liegen, aber eine Umfahrung nicht empfohlen wird. Punkt aus! Der Fahrer muss diese Information, die quasi nichts wert ist so hinnehmen, denn weder bringt sie wirklich was, noch könnte ich, wenn ich wollen würde die alternative Route sehen. Dann wiederum gibt es „Störungen“ die gar keine sind. Die Informationen sind veraltet oder falsch. Da mir eine Alternative nun ohnehin nicht gepasst hätte, bin ich einfach weiter gefahren; die Störung existierte nicht. Ganze drei Mal gab es eine solche Falschmeldung auf der A61 zum Ring.

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Mit den möglichen 425 Kilogramm Zuladung habe ich mir vorab zumindest keine Gedanken darüber machen müssen, ob ich ich „sparsam“ packen muss oder gar Teile meiner Fotoausrüstung Zuhause bleiben müssen. Nein, damit kratzt der Stadtzwerg sogar an der Zuladung von mächtigen Größen wie dem RS6 Avant (545 kg). Gemütlich ist es auf der Rückbank im 3-Türer mit Sicherheit nur auf kurzen Strecken, lange möchte ich hier niemand zumuten zu sitzen. Vorne ist die Ausrichtung auch mehr Stadt, Langstreckenkomfort wie aus einer Mittelklasse-Limousine gibt es hier nicht. Durch die weiche Polsterung gibt es zumindest bei 300 km Strecke keine Rückenschmerzen. Seitenhalt ist völlig nebensächlich im Seat Mii – für die eigentlichen Zwecke auch überbewertet. Wie aber verhält er sich im eigentlichen Testgebiet, der Stadt? Beim schnellen Lane-Hoping kann er nicht mit dem smart ed mithalten, der ist einfach eine Klasse für sich, mit der Wendigkeit und geringen Größe spielt er seine Trümpfe voll aus. Großeinkauf bei Ikea wird nichts, aber für eine Shoppingtour auf den Boulevards reicht es allemal.

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Drei Autos, alle getestet und wer ist nun der beste? Der „Little Boss“ aus dem VW Konzern ist der teuerste, doch ist er auch der beste? Der VW up! ist für mich, aber auch für die Printzeitschrift auto motor sport nicht der Sieger im Vergleich der kleinen (vermeintlich) günstigen Stadtautos. Der Sieger also der günstige Spanier? Nicht ganz, denn er ist nicht nur der günstigste, sondern auch der einfachste. Wenige Möglichkeiten sich gegenüber den Brüdern abzuheben und ansonsten ist ja doch alles gleich, zumal der günstige Einstiegspreis schnell um 50% und mehr erhöht werden kann. Ganz klar der Škoda Citigo ist nicht nur genau zwischen den beiden angesiedelt, dort steht er auch preislich. Mag es nun sein, weil wir ihn schon so oft gefahren haben und dabei viele verschiedene Situationen durchlebt haben oder auch wegen den „simply clever“ Lösungen, die so simpel und doch nützlich sind. Wohl aber auch das Gefühl mit der „Goldenen Mitte“ in diesem Vergleich die richtige Wahl zu treffen.

Seat Mii Style Ecomotive

Reihendreizylinder (quer) 999 cm³
60 PS
95 Nm bei 3.000 – 4.300 U/min
14,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h
VMax 161 km/h
Kombinierter Verbrauch 4,1 l/100km
Testverbrauch 4,2 – 6,3 l/100km
Modellgrundpreis: 10.375,00 Euro
Testwagenpreis: 14.065,00 Euro

Text: Fabian Meßner

Fotos: Fabian Meßner